HomeWirtschaftWohnungsbau in Deutschland auf tiefstem Stand seit 14 Jahren: „Mieten werden steigen“ „Mieten werden steigen“: Experten schlagen nach Einbruch beim Wohnungsbau Alarm Der Wohnungsbau in Deutschland befindet sich im freien Fall. 2024 wurden so wenig neue Wohnungen genehmigt wie seit 2010 nicht mehr. Experten schlagen Alarm.Flynn Jacobs18.02.2025 15:23 UhrDer Wohnungsmarkt in Deutschland bleibt weiterhin angespannt: Die Zahl der neu genehmigten Wohnungen ist im dritten Jahr in Folge gesunken.Benjamin Pritzkuleit/Berliner ZeitungEs ist eines der Themen, die zum großen Unverständnis vieler Menschen im Endspurt des Wahlkampfs völlig auf der Strecke bleiben: die Krise im deutschen Wohnungsbau. Laut neuen Daten des Statistischen Bundesamts ist die Zahl der Baugenehmigungen für Wohnungen im vergangenen Jahr um 16,8 Prozent zurückgegangen. Es ist das dritte Jahr mit sinkenden Zahlen in Folge.215.900 Wohnungen wurden 2024 genehmigt – der niedrigste Stand seit 2010 (187.600 Wohnungen) und zudem meilenweit entfernt vom ambitionierten Ziel der Ampelregierung von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr. Dabei ist die Zahl der Baugenehmigungen ein wichtiger Frühindikator für die zukünftige Bauaktivität und somit den verfügbaren Wohnraum in der Bundesrepublik. Und die Lage ist alles andere als entspannt: In einer Studie des Internetportals Immoscout24 im vergangenen Jahr gab mit 54,4 Prozent mehr als die Hälfte der Befragten an, dass sie bereits länger als ein Jahr nach einer neuen Wohnung sucht. Kann die neue Regierung die Wohnungskrise beenden?„Riesensauerei“ in Hellersdorf: Neue Wohnungen sorgen für UnmutWohnen10.01.2025Soziale Zeitbombe: Warum die Berliner Wohnungsnot im Wahlkampf keine Rolle spieltWirtschaft15.02.2025 Baukosten, Zinsen und Bürokratie lassen Wohnungsbau-Krise explodieren Der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie betont, dass bundesweit bezahlbarer Wohnraum für Familien, Paare, Singles und Senioren, also die Mitte der Gesellschaft fehlen würde, vor allem in den großen Städten. „Die Wohnfrage hat sich längst zu einer Frage mit sozialem Sprengstoff entwickelt, die neue Bundesregierung muss die richtigen Antworten liefern“, sagt Tim-Oliver Müller, Hauptgeschäftsführer des Bauindustrie-Verbands, auf Anfrage der Berliner Zeitung. „Dass der am Boden liegende Wohnungsbau überhaupt kein Wahlkampfthema gewesen ist, hätte ich nicht für möglich gehalten.“ Dabei sei die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum Sozial- und Standortpolitik, erklärt Müller. Die Gründe für die Schwierigkeiten am Wohnungsmarkt seien Überregulierung, enorm gestiegene Baukosten und die rasant gestiegenen Zinsen.Nach der Bekanntgabe der Wahlergebnisse am 23. Februar müsse in kürzester Zeit eine neue Regierung entstehen. „Wenn das nicht bis April geschieht, müssen sich die Akteure vorwerfen lassen, den Ernst der Lage nicht begriffen zu haben“, meint Müller. Gerade im Bau sei ein ordentlicher Bundeshaushalt und damit einhergehend eine verlässliche Förderkulisse wichtig, die für alle verständlich ist. „Damit kurzfristige Impulse möglich sind, braucht es dafür unter anderem schnell Zinsvergünstigungen durch die KfW von unter einem Prozent sowie Eigenkapital unterstützende Darlehen für öffentliche und private Wohnungsbaugesellschaften“, sagt Müller und ergänzt: „Auch wenn wir am liebsten ohne Förderung bauen würden, ist dies der einzig mögliche Weg, schnell zu handeln.“ Es brauche „ein radikales Umdenken alter Muster“.„Es ist alles kaputt“: Degewo-Mieter in Friedrichshagen rechnen mit klimafreundlichem Holzbau abVon Lukas KuiteWirtschaft09.02.2025 Experten warnen: „Wohnraumknappheit wird sich weiter verschärfen“ Neben den Baugenehmigungszahlen geht auch die Zahl der Fertigstellungen weiter nach unten. Laut einer Prognose aus dem Frühjahrsgutachten des Rats der Immobilienweisen sind 2024 etwa 260.000 Wohnungen neu gebaut worden. Endgültige Zahlen für 2024 liegen allerdings noch nicht vor. Für 2025 rechnen die Experten nur mit 230.000 neuen Wohneinheiten. „Das wird dazu führen, dass sich die Wohnraumknappheit in vielen Städten weiter verschärft – mit weitreichenden Konsequenzen für die Mieten und Immobilienpreise“, heißt es. „Die Mieten, insbesondere in begehrten Stadtlagen, werden weiter steigen.“Der GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen, Spitzenverband der deutschen Wohnungswirtschaft, verdeutlicht den Ernst der Lage. „Diese Zahlen verdeutlichen in aller Klarheit, dass wir uns in einer massiven und weiter eskalierenden Wohnungsbaukrise befinden“, wird GdW-Präsident Axel Gedaschko in einer Mitteilung des Verbands zitiert. „Bezahlbarer Wohnraum wird immer knapper, die Folgen für den sozialen Zusammenhalt in Deutschland sind gravierend.“ Die Politik dürfe diesen dramatischen Trend nicht länger ignorieren. „Die nächste Bundesregierung muss den Wohnungsbau endlich als oberste Priorität behandeln“, betont Gedaschko. „Es geht um nichts Geringeres als die soziale Stabilität unseres Landes.“Die Rahmenbedingungen für den Bau neuer Wohnungen sind aus Sicht des GdW-Präsidenten außer Kontrolle geraten. Jetzt seien entschlossene Maßnahmen gefragt. „Deutschland braucht jährlich mindestens 60.000 neue bezahlbare Mietwohnungen und 80.000 Sozialwohnungen.“ Davon sei man momentan meilenweit entfernt. „Wenn die Politik nicht rasch handelt, verschärft sich die Wohnungsnot weiter – mit dramatischen Folgen für Mieterinnen und Mieter sowie für die gesamte Bauwirtschaft“, warnt Gedaschko. Die neue Bundesregierung dürfe nicht länger auf Zeit spielen. „Ein bloßes Abarbeiten angeblicher Bauüberhänge reicht nicht aus – es muss sofort gehandelt werden.“ Neben einer Zinssubvention von einem Prozent fordert der GdW-Verband kosteneffizientes, serielles und modulares Bauen. Dadurch könnten Neubaumieten entstehen, die sich auch Normalverdiener leisten können.Haben Sie Feedback? Schreiben Sie uns! briefe@berliner-zeitung.de Lesen Sie mehr zum Thema WirtschaftWohnenPolitikAmpel-KoalitionMitteBundesregierungStatistisches BundesamtWohnungsbau