KonflikteUkraine Was folgt aus der Oster-Waffenruhe im Ukrainekrieg? Sergey Satanovskiy21.04.202521. April 2025Die vom russischen Präsidenten Wladimir Putin kurzfristig und unerwartet angekündigte Waffenruhe dauerte kaum 30 Stunden. Worum ging es dabei wirklich? https://p.dw.com/p/4tMrYEine brüchige Oster-WaffenruheBild: UKRAINIAN ARMED FORCES via REUTERSAnzeige Wie begann die Waffenruhe? Der russische Präsident Wladimir Putin erklärte, die Entscheidung sei aus „humanitären Gründen“ getroffen worden. Angekündigt hatte er die Waffenruhe nur mit zwei Stunden Vorlauf. Der Präsident der Ukraine, Wolodymyr Selenskyj, beschuldigte Putin zunächst, mit dem Leben der Menschen zu spielen, stimmte aber schließlich dem Waffenstillstand zu. Wie sind die Reaktionen? Die meisten Einwohner der ukrainischen Hauptstadt Kyjiw, mit denen die DW sprach, haben Putins sogenannter „humanitärer“ Geste von Anfang an skeptisch gegenübergestanden. „Ich glaube es keine Sekunde lang. Putin hält nie sein Wort. Das ist alles eine Farce“, sagt eine Frau aus Kyjiw der DW. Wolodymyr Fesenko, Vorsitzender des Penta-Zentrums für angewandte politische Studien in Kyjiw, sagte der DW, Russland habe während der Waffenruhe bewusst Kämpfe provoziert und die Pause als Deckmantel für Angriffsoperationen in bestimmten Gebieten genutzt. Der ukrainische Präsident schrieb am Montag auf seinem Telegram-Kanal, dass Russland während des Waffenstillstands 2935 Mal gegen die eigene Waffenruhe verstoßen habe. Selenskyj fügte hinzu, dass der Kreml nicht auf seinen Vorschlag für einen 30-tägigen Waffenstillstand reagiert habe, versprach aber, dass die ukrainische Armee „symmetrisch“ vorgehen werde. „Wir werden auf das Schweigen mit Schweigen antworten. Um sich gegen russische Angriffe zu verteidigen, wird es Gegenschläge geben“, hieß es in der Erklärung. Aus dem Kreml hieß es, Putin habe keinen Befehl gegeben, den von ihm angekündigten „Osterwaffenstillstand“ zu verlängern.Wolodymyr Selenskyj: Ukraine wird „symetrisch“ vorgehen (Archivbild)Bild: Ukraine Presidency/ZUMA/IMAGO Die Aufforderung des US-Außenministeriums, die Waffenruhe zu verlängern, wies die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, zurück. Mit der Begründung, Kyjiw habe den Waffenstillstand nicht eingehalten. Warum war die Waffenruhe so kurz? Viele Beobachter haben darauf hingewiesen, dass Putin den Waffenstillstand sehr kurzfristig angekündigt hat. Zwischen seiner Erklärung und dem Beginn der Waffenruhe sollten nur zwei Stunden vergehen. Für die Ukraine wäre es schwierig gewesen, sich in so kurzer Zeit technisch auf den Waffenstillstand vorzubereiten. Der Experte Fesenko glaubt, dass Putins mit der einseitigen Waffenstillstandsankündigung der Ukraine eine Falle stellen wollte. Die Ukraine musste innerhalb von zwei Stunden eine politische Entscheidung treffen, diese koordinieren und dann Befehle an das Militär erteilen. „Natürlich hätte die Ukraine den Waffenstillstand nicht um 18 Uhr beginnen können, selbst wenn es einen solchen Wunsch gegeben hätte. Es wäre einfach unmöglich gewesen“, sagte Fesenko. Warum hat Putin beschlossen, Trump zu gefallen? Die Waffenruhe zu Ostern war ursprünglich eine Idee von US-Präsident Donald Trump. Letzte Woche drohte Trump damit, die Bemühungen um Frieden in der Ukraine aufzugeben und sich aus dem Verhandlungsprozess zurückzuziehen, wenn er nicht die Bereitschaft Russlands und der Ukraine zu einer Einigung sehe. Politische Analysten, mit denen die DW gesprochen hat, sind überzeugt, dass Putin die Verhandlungen mit den USA fortsetzen will, und er deshalb den Waffenstillstand verkündet hat.Wladimir Putin beim OstergottesdienstBild: Ramil Sitdikov/AFP/Getty Images Nikolay Petrov, Gastwissenschaftler bei der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin, glaubt, dass Wladimir Putin beschlossen hat, Trump im Boot zu halten. „Dieser Waffenstillstand – wenn auch nur für 30 Stunden – kam genau zu Ostern, so wie es die Amerikaner zuvor gefordert hatten. Das sieht sehr gut aus [für den Kreml]. Vor allem, weil die Initiative aus Russland kommt, und vor allem, weil sie sie nicht wirklich zu irgendetwas verpflichtet“, sagte Petrov. Zudem konnte Putin auch einige seiner eigenen Ziele erreichen. Wolodymyr Fesenko verweist unter anderem auf die Schwächung der westlichen Einheit, die Verringerung der Abhängigkeit Russlands von China und die Rückkehr in den exklusiven Club der einflussreichen Staats- und Regierungschefs. Selenskyj beschuldigt China, Russland im Krieg zu helfen To view this video please enable JavaScript, and consider upgrading to a web browser that supports HTML5 video Was kommt als nächstes? Zwei Stunden vor dem Ende der Waffenruhe zu Ostern schrieb US-Präsident Donald Trump auf seiner Social-Media-Plattform Truth Social, dass Russland und die Ukraine „hoffentlich diese Woche einen Deal machen werden“. Er versprach, dass beide Länder dadurch die Möglichkeit hätten, mit den USA ein „großes Geschäft“ zu machen. Politische Analysten sind sich einig, dass Trump versucht, die USA aus diesem Konflikt herauszuziehen, aber sie haben unterschiedliche Ansichten darüber, ob er sich aktiv um den Frieden zwischen der Ukraine und Russland bemühen wird. „Es ist nicht Trumps Standpunkt, um jeden Preis Frieden in der Ukraine zu erreichen, sondern die USA aus diesem Krieg herauszuziehen“, sagt Nikolay Petrov von der Stiftung Wissenschaft und Politik. Seiner Ansicht nach konzentriert sich die US-Regierung darauf, ihre Beteiligung an dem Krieg zu beenden, und es ist ihr egal, ob dies vor dem Hintergrund eines langen Waffenstillstands oder eines dauerhaften Friedens geschieht. Wolodymyr Fesenko hingegen ist überzeugt, dass Donald Trump bei der Stange bleiben könnte, weil Putin zumindest teilweise auf seine Forderungen eingegangen ist und einen Waffenstillstand angekündigt hat. Jetzt, so Fesenko, werde Trump nun noch aktiver auf einen vollständigen Waffenstillstand drängen. Aus dem Englischen adaptiert von Sabine Faber Schicken Sie uns Ihr Feedback!Ihr FeedbackAnzeige