S Völkermord an den Armeniern: Wie kann es sein, dass dieser Genozid vergessen ist? – AktuelleThemen.de

HomeEuropaVölkermord an den Armeniern: Wie kann es sein, dass dieser Genozid vergessen ist? Völkermord an den Armeniern: Wie kann es sein, dass dieser Genozid vergessen ist? Vor 110 Jahren begann ein Menschheitsverbrechen: die Vertreibung und Ermordung der Armenier durch türkische Nationalisten. Die Täter haben gewonnen, wenn die Welt die Opfer vergisst. Ein Kommentar.Wiebke Hollersen24.04.2025 09:11 UhrEin Mann gedenkt auf dem Platz der Republik in der armenischen Hauptstadt Jerewan den Opfern des Genozids an den Armeniern.Alexander Patrin/imagoEs geht schnell heute, dass ein Krieg als Genozid bezeichnet wird, als Völkermord. Dass darüber gestritten wird, Anklage erhoben. So wie gegen Israel, wegen des Vorgehens der Armee in Gaza. Doch das Verbrechen, auf das der Begriff zurückgeht – Genozid – ist fast vollständig vergessen.Selbst am Gedenktag! Heute vor 110 Jahren begann der Völkermord an den Armeniern, verübt durch türkische Nationalisten im Osmanischen Reich. In Armenien selbst wird natürlich erinnert. Schon am Mittwochabend zogen Tausende Menschen durch die Hauptstadt Jerewan, trugen Fackeln und Kerzen durch die Dunkelheit, ein Trauerzug. Nur drei Millionen Menschen leben noch in Armenien, fast jeder hier hat Vorfahren, die ermordet wurden. Viele Türken weigern sich bis heute, das Verbrechen anzuerkennen 1,5 Millionen Menschen, in knapp zwei Jahren. Als ich vor zehn Jahren selbst zum ersten Mal in Armenien war, wurde überall an sie erinnert, in Fotoausstellungen, Kunstprojekten, natürlich am Mahnmal vor den Toren der Hauptstadt Jerewan, das eine Art armenisches Yad Vashem ist. Wie die Holocaustgedenkstätte in Yad Vashem dokumentiert sie das Verbrechen, das aus vielen einzelnen Gräueltaten bestand.Armenien steuert Richtung EU – trotz Moskauer Widerstand und internen KonfliktenRussland26.03.2025Steiniger Weg zum Frieden: Ein Besuch der aserbaidschanisch-armenischen GrenzeBerlin12.11.2024Mich schockierte, was damals geschehen ist – und auch, wie wenig ich selbst darüber wusste. An die Opfer wird fast nur in Armenien erinnert. Es ist, dachte ich, als hätten die Täter gewonnen. So ist es bis heute.„Wer redet heute noch von der Vernichtung der Armenier?“ Dieser Satz steht auf der letzten Wand der Gedenkstätte, kurz bevor man wieder heraustritt in die helle armenische Sonne. Den Satz hat Adolf Hitler gesagt, im Sommer 1939. Es war keine Frage, sondern eine Ermutigung. Hitler sagte: Man kann in Europa einen Völkermord begehen, Millionen Menschen deportieren, in Massakern erschießen, in Todesmärschen in die Wüste treiben, verdursten lassen. Die Türken hatten es vorgemacht, mit den Armeniern, die Welt hatte mit den Schultern gezuckt, es schnell vergessen.Sie hat sich nie wieder wirklich daran erinnert. Ja, es gab Resolutionen, auch der Bundestag hat den Völkermord an den Armeniern und anderen christlichen Minderheiten im Osmanischen Reich anerkannt. Nach einer Debatte, vor der Abgeordnete mit Morddrohungen überzogen worden waren. Die meisten Türken, auch viele Deutschtürken, weigern sich bis heute, das Verbrechen, das von ihren Vorfahren begangen wurde, anzuerkennen.Der Rest der Welt hat es einfach nur vergessen, als nicht weiter wichtig abgelegt. Nichts, was man im Geschichtsunterricht behandeln müsste. Selbst in meinem Geschichtsstudium, Neuere und Neuste Geschichte im Nebenfach, kam der Genozid an den Armeniern nicht vor, es gab nie ein Seminar dazu. Zu einem Menschheitsverbrechen. Genozid an den Armeniern: Der erste Völkermord im 20. Jahrhundert Es begann am 24. April 1915. Schon vorher hatte es Angriffe türkischer Nationalisten auf Armenier gegeben, waren armenische Soldaten der osmanischen Armee ermordet worden. Am 24. April gab es die erste Deportation. Armenische Intellektuelle aus Konstantinopel, heute Istanbul, wurden in ein Lager verschleppt.Vor den Toren Jerewans befindet sich die Gedenkstätte für die Opfer des Völkermords an den Armeniern.Asatur Yesayants/imagoEs wurde schnell schlimmer und schlimmer. Lager, Vertreibungen, Massaker. Kinder und Frauen wurden im Meer ertränkt. Tausende Menschen in eine Schlucht geworfen, aneinander gefesselt, die Leichen trieben noch wochenlang im Fluss. Andere Menschen wurden in Viehwaggons gepfercht für Transporte. In der Wüste ausgesetzt, ohne Wasser, ohne Essen. Im armenischen Genozid-Museum kann man grauenhafte Fotos sehen, von den Opfern in der Wüste. Es gab Aufnahmen, es gab Berichte.Zu den Todesopfern kamen Millionen, die vertrieben wurden, beraubt. Das Gebiet, auf dem Armenier im Osmanischen Reich lebten, war um ein Vielfaches größer als das kleine Land Armenien heute. Historiker sprechen inzwischen von einem der ersten systematischen Völkermorde des 20. Jahrhunderts.Der jüdisch-polnische Staatsrechtler Raphael Lemkin befasste sich schon seit den 1920er-Jahren mit den Verbrechen. Wenig später musste er in die USA fliehen, konnte sein Leben retten, aber er verlor fast seine gesamte Familie im Holocaust. Er entwickelte einen neuen Straftatbestand des Völkerrechts, weil er das Wort Massenmord für das, was erst den Armeniern und dann den Juden angetan worden war, für zu klein hielt. Sie waren nicht nur massenhaft ermordet, sondern auch entrechtet, beraubt, vertrieben worden. Sie sollten komplett verschwinden, als Volk ausgelöscht werden. Lemkin schlug einen Begriff vor, der sich durchsetzte: Genozid.Armenischer Botschafter: „Friedensvertrag können wir am Montag unterzeichnen“Sowjetunion23.09.2024Was unser Bildungssystem von den Armeniern lernen kann? Schach an den Schulen!Ukraine25.11.2023In diesem Jahr fällt auch der Jom haScho’a, der Holocaust-Gedenktag in Israel, auf den 24. April. Hitler hatte recht behalten, in einem Europa, das den Völkermord an den Armeniern hingenommen und vergessen hatte, konnte Deutschland einen noch größeren Völkermord begehen. Lesen Sie mehr zum Thema EuropaGazaIsraelArmenienYad VashemVölkermordAdolf Hitler

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