KonflikteVereinigte Staaten von Amerika Ukraine-Krieg: Erstes Treffen zwischen USA und Russland Stephanie Höppner | Thomas Latschan17.02.202517. Februar 2025Nach längerer Eiszeit wollen sich Vertreter aus den USA und Russland zum Thema Ukraine-Krieg treffen. Doch das ist nicht unbedingt eine positive Botschaft für die Ukraine und Europa, meinen Experten. https://p.dw.com/p/4qbk1US-Außenminister Marco Rubio und sein russischer Amtskollege Sergej Lawrow wollen am Dienstag zusammen kommen Bild: Oliver Contreras/Pool via CNP/AdMedia/IMAGO/Alexander Nemenov/Pool AFP/dpa/picture allianceAnzeigeEs hatte sich schon angekündigt, nun wird es konkret: An diesem Dienstag sollen Delegationen aus den USA und Russland in der saudi-arabischen Hauptstadt Riad zusammenkommen und über den Ukraine-Krieg sprechen. Es ist das erste Treffen zwischen den USA und Russland seit Beginn des russischen Angriffs-Kriegs – jedoch zunächst ohne Beteiligung Kyjiws. Die saudi-arabische Regierung bestätigte das geplante Treffen. Die US-Regierung werde dabei durch US-Außenminister Marco Rubio, den nationalen Sicherheitsberater Mike Waltz und den US-Nahostgesandten Steve Witkoff vertreten. Laut einem Sprecher des russischen Kreml würden der russische Außenminister Sergej Lawrow und ein ranghoher Berater von Staatschef Wladimir Putin, Juri Uschakow, bereits am Montag anreisen. Worüber wird gesprochen? Für Dienstag sei ein Treffen mit US-Vertretern geplant, bei dem es vorrangig um die „Wiederherstellung der russisch-amerikanischen Beziehungen“ gehen solle, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow laut der Nachrichtenagentur AFP. Laut Agenturen werde es um „mögliche Verhandlungen über eine Resolution zur Ukraine“ gehen. Auch ein mögliches Treffen zwischen US-Präsident Donald Trump und Putin solle dabei vorbereitet werden. Moskau und Washington wollten die derzeitigen „unnormalen Beziehungen“ hinter sich lassen, sagte Außenminister Lawrow. US-Außenminister Marco Rubio will in Saudi-Arabien Vertreter Russlands treffen Bild: Evelyn Hockstein/Pool Reuters/dpa/picture allianceFür Jonas Driedger, wissenschaftlicher Mitarbeiter im Programmbereich „Internationale Sicherheit“ am Peace Research Institut Frankfurt (PRIF), ist das vor allem für Russland ein günstiger Schachzug. „Aus russischer Sicht ist jedes direkte Treffen mit hohen US-Repräsentanten, vor allem unter Ausschluss Europas und der Ukraine, an sich schon ein Erfolg“, erklärte er der DW. „Augenhöhe mit den USA ist schon lange ein Ziel, darüber hinaus kann Putin drauf hoffen, über Trump Druck auf die Ukraine und die europäischen NATO-Partner im eigenen Sinne auszuüben. Unklar ist aber, ob sich diese Hoffnung erfüllen wird“, so Driedger. Wie steht die Ukraine dazu? Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj erklärte derweil, dass er mögliche Absprachen zwischen den USA und Russland zum Krieg in seinem Land nicht hinnehmen werde. „Die Ukraine betrachtet jegliche Verhandlungen über die Ukraine ohne die Ukraine als solche, die kein Ergebnis haben“, sagte Selenskyj im Gespräch mit Journalisten bei einem Besuch in den Vereinigten Arabischen Emiraten.Wolodymyr Selenskyj befindet sich derzeit in den Vereinigten Arabischen Emiraten – und will einen möglichen Deal nicht akzeptieren Bild: Ukrainian Presidential Press Office/dpa/picture alliance Selenskyj erklärte, dass die Ukraine nicht über das amerikanisch-russische Treffen an diesem Dienstag in Saudi-Arabien unterrichtet sei und auch nicht daran teilnehmen werde. Was ist bisher über Trumps Pläne bekannt? US-Präsident Donald Trump hatte in der vergangenen Woche überraschend ein Telefongespräch mit Kreml-Chef Wladimir Putin geführt und dabei nach eigenen Worten den „unverzüglichen“ Beginn von Verhandlungen über die Zukunft der Ukraine vereinbart. Was genau Gesprächsinhalt an diesem Dienstag sein wird, ist noch unklar. Aber Informationen zu einem angeblichen „100-Tage-Plan“ für Frieden in der Ukraine wurden bereits vor Wochen vom ukrainischen Nachrichtenportal strana.today geleaked. Offiziell bestätigt wurde dieser Plan allerdings bislang nicht. Glaubt man den Informationen, soll es bis zum 20. April einen Waffenstillstand in der Ukraine geben, der den Frontverlauf in der Ostukraine einfrieren soll. Der angebliche „100-Tage-Plan“ sieht darüber hinaus vor, dass ukrainische Truppen sich vollständig aus der russischen Region Kursk zurückziehen. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj soll zudem dazu gezwungen werden, die russische Hoheit über das bis dahin besetzte ukrainische Gebiet anzuerkennen. US-Verteidigungsminister Pete Hegseth zufolge müsse ein dauerhafter Frieden „robuste Sicherheitsgarantien enthalten, um sicherzustellen, dass der Krieg nicht wieder beginnt“. Dafür sehe er „fähige europäische und nicht-europäische Truppen“ in der Pflicht. Strana zufolge sollen diese nach Eintreten eines Waffenstillstandes eine demilitarisierte Pufferzone entlang des eingefrorenen Frontverlaufes überwachen. US-amerikanische Truppen auf ukrainischem Boden sind für die Trump-Administration keine Option. Auch sei die NATO kein geeigneter Partner für die Entsendung von Friedenstruppen. Diese sollten stattdessen „außerhalb der Allianz“ organisiert werden. Wie genau das aussehen soll, dazu äußerte sich Hegseth nicht. Für Experte Driedger vom Peace Research Institut Frankfurt (PRIF) wären Teile dieses Plans „katastrophal, wenn sie realisiert“ würden. „Staatliche Souveränität und das Gebot, Staatengrenzen nicht gewaltsam zu verschieben, sind der Grundpfeiler unserer ohnehin schon recht wackligen Weltordnung.“ Wie erfolgreich könnte das Treffen werden? Experten schätzen das Treffen eher kritisch ein. Stefan Meister von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik erklärte gegenüber der DW, dass es letztlich zu früh für Verhandlungen sei, weil die Grundbedingungen nicht geklärt seien und eine Abstimmung mit den Ukrainern bisher nicht wirklich erfolgt sei. „Es sieht so aus, also ob Trump das Thema Russland/Ukraine schnell vom Tisch haben will“, erläuterte Meister und fügte hinzu, dass Trump sich nicht dafür interessiere, welche negativen Konsequenzen ein schlechter Deal ohne US-Sicherheitsgarantien für die Ukraine, für Europa und die Welt haben könne. Washington sei bereit, grundlegende Positionen wie kein NATO-Beitritt der Ukraine und Aufgabe von Territorien vor den Verhandlungen abzuräumen. Das werde Russlands Verhandlungsposition stärken, so Meister. „Die schlechte Verhandlungsposition, in die das Trump-Team die Ukraine und sich selbst bringt zeigt, wie wenig Interesse die US-Führung an einem nachhaltigen Frieden beziehungsweise Waffenstillstand hat.“ Auch Driedger vom Peace Research Institut Frankfurt (PRIF) erklärte: „Es gibt ein ernsthaftes Szenario, in dem die Ukraine und vielleicht auch einige europäische Staaten die Ergebnisse eines solchen Treffens nicht akzeptieren würden oder könnten. Wenn es Trump auch nur ansatzweise um Nachhaltigkeit geht, sollte er zumindest vorher koordinieren.“ Stephanie Höppner Autorin und Redakteurin für Politik und GesellschaftThomas Latschan Langjähriger Autor und Redakteur für Themen internationaler PolitikSchicken Sie uns Ihr Feedback!Ihr FeedbackAnzeige