HomeKultur„Tatort: Im Wahn“ mit Wotan Wilke Möhring: Messermörder in der Menschenmasse „Tatort: Im Wahn“: Messermörder in der Menschenmasse Im Hauptbahnhof Hannover werden zwei Menschen erstochen – Bundespolizist Falke wird hinzugezogen. Kann kommerzielle Überwachungssoftware hilfreich sein?Torsten Wahl21.04.2025 15:56 Uhr„Tatort: Im Wahn“. Die Schwester des Verdächtigen (Maria Dragus) ist außer sich; Kommissar Falke (Wotan Wilke Möhring) versucht, sie zu beruhigen.NDRSchon wieder dient ein Messer als Mordwerkzeug! Man kann und will von solchen Taten eigentlich nichts mehr hören, aber das Thema bleibt ja akut, fiktiv wie real. Vor einer Woche hieß der Wiener „Tatort“ kurz und knapp „Messer“ – da stach ein Koch zu. Ein tödlicher Messerstich in der Berliner U-Bahn und die Diskussion über „Messeverbotszonen“ bestimmten die Schlagzeilen des letzten Wochenendes. Und im neuen „Tatort: Im Wahn“ wird der Hauptbahnhof Hannover zum Schauplatz einer Messerattacke. Binnen weniger Minuten ersticht ein Typ im Kapuzenpulli zwei Menschen.Aus Hamburg wird der Bundespolizist Thorsten Falke (Wotan Wilke Möhring) hinzugezogen – dessen Kollegin Julia Grosz war ja vor einem Jahr von einem unbekannten Messerangreifer getötet worden. Die Polizeidirektorin (Anna Stieblich) fragt ihn, ob er offen sei für neuartige Ermittlungsmethoden. Die niedersächsische Polizei erprobe gerade die Analysesoftware einer kommerziellen, börsennotierten Firma namens „Kroisos“. Und der arrogante KI-Experte (Thomas Niehaus) präsentiert dann auch schon nach wenigen Stunden einen Hauptverdächtigen: einen psychisch kranken Mann, der schon mehrfach mit Gewalttaten aufgefallen war. Kein Polizist fragt hier nach Datenschutz Erstaunlich bleibt, welche Datenmengen die private Firma nutzen konnte: Sie erfuhr nicht nur, welche Personen zur fraglichen Zeit in der Funkzelle eingeloggt waren, sondern durchkämmte auch deren Bewegungsprofile während der letzten 21 Tage, sämtliche Social-Media-Posts sowie alle Behördenkontakte der letzten zehn Jahre. Dass all diese Daten in kürzester Zeit richterlich freigegeben worden sein sollen, wie der Kroisos-Mann versichert, sorgt eher für Verwunderung – doch kein Polizist fragt hier noch nach dem Datenschutz.Hackordnung am Herd: Beim Wiener „Tatort: Messer“ gibt es eine Großküche voller VerdächtigerTV & Medien13.04.2025Umstrittener Film mit Till Lindemann ausgezeichnet: „Rote Sterne überm Feld“Kino & Streaming09.04.2025Trotz seiner Skepsis sucht Falke mit der Hannoveraner Kollegin (Peri Baumeister) den Hauptverdächtigen auf. Doch der Mann gerät in Panik, klettert aufs Dach, stürzt ab und bricht sich das Genick. Blutspuren deuten auf ihn als Täter hin, die KI-Firma fühlt sich bestätigt und darf sich vor der Presse feiern lassen. Nur ein penetranter Investigativ-Reporter (Garry Fischmann) bleibt misstrauisch und will Falke unbedingt von seinen Recherchen berichten – doch der blockt ab. Dann geschieht ein dritter Messermord im Bahnhof.Drehbuchautor Georg Lippert hat seine Story um die Potenziale und Gefahren der Künstlichen Intelligenz nicht futuristisch ausgerichtet, sondern realitätsnah. Schon seit 2018 verwendet die hessische Polizei eine amerikanische Analyse-Software, NRW und Bayern folgten. Über die Anwendung in weiteren Bundesländern wird derzeit politisch wie juristisch gestritten – dieser politisch engagierte „Tatort“ übersetzt die aktuellen Diskussionen für ein großes Publikum und entwickelt sich dabei immer mehr zum Thriller. Wer nicht überwacht werden will: Handy aus Regisseurin Viviane Andereggen, bisher aufgefallen mit grottigen Schweizer „Tatorten“ und der ausgezeichneten Serie „Kleo“, gelingt mit den Bahnhofsszenen starke Impressionen eines Überwachungsstaates, dem nur entkommen kann, wer sein Handy unterwegs einfach ausschaltet. Allzu oft greift der Film dabei zu den Drohnenbildern aus der Luft als Symbol der Totalüberwachung – das Mittel wird schon seit längerem überstrapaziert.Immer wieder auch weist der Film logistische Luftlöcher auf – so wechseln binnen eines Tages Szenen mit und ohne Schnee munter ab. Leider komplett verschenkt ist der Gastauftritt von Florence Kasumba als Anaïs Schmitz. Die Exkollegin von Charlotte Lindholm darf zu den Ermittlungen nur wenig beisteuern, bleibt tatsächlich „Touristin“ – in Hannover. Falke dagegen erweist sich als der ruhende Pol – ohne den Faktor Mensch geht es auch künftig nicht.Tatort: Im Wahn. Montag, 21. April, 20.15 Uhr, ARDWertung: Drei von fünf Punkten Lesen Sie mehr zum Thema KulturTV & MedienTatortPolizeiAIHamburgHauptbahnhofHannover