HomeHofnarr-Skandal: Scholz beleidigt Chialo und zeigt fiesen Charakter Hofnarr-Skandal: Scholz beleidigt Chialo und zeigt fiesen Charakter Der Kanzler denkt nicht daran, sich zu entschuldigen. Chialo denkt nicht daran, sich auf Scholz’ Niveau zu begeben. Ein Kommentar zu Anstand in der Politik.Maritta Adam-Tkalec14.02.2025 15:12 UhrJoe Chialo (CDU), Berlins Kultursenator, während einer Plenarsitzung im Berliner AbgeordnetenhausdpaFür Joe Chialo ist der Fall „Hofnarr“ abgeschlossen. Schwamm drüber? Nein. Denn es geht hier um den Mann, der noch einmal Bundeskanzler werden möchte. Olaf Scholz findet nach wie vor nichts dabei, einen Politikerkollegen beleidigt zu haben: Er nannte Chialo einen „Hofnarren“ seiner Partei und deren „Feigenblatt“.Der Sozialdemokrat, der sonst viel von Respekt redet, sagte das einem schwarzen Mann ins Gesicht. Natürlich ist das als rassistisch zu verstehen, so wie es als sexistisch verstanden würde, wenn eine Frau derart verächtliche Behandlung erführe. Jedenfalls zeigt das einen Olaf Scholz, für den man sich schämen muss. Chialo empfand die Worte dieses SPD-Kanzlers als „herabwürdigend und verletzend“, möchte aber die Rassismuskarte nicht ziehen, obwohl sie doch im Wahlkampf ein Trumpf sein könnte. Seine Parteifreunde haben genau das versucht.„Halt den Mund, du Ars…“: Scholz soll an „Hofnarr“-Abend auch Journalisten beleidigt habenVon Len SanderPolitikgestern Die Arroganz des Mächtigen Die Angelegenheit fordert dazu heraus, in den letzten Tagen vor der Wahl die Charakterfrage zu stellen. Scholz hat als Persönlichkeit nie geglänzt, aber Glanz ist auch keine politische Kategorie von Belang. Allerdings hat er immer wieder seine Geringschätzigkeit gegenüber der Öffentlichkeit spüren lassen – so, wenn er auf Fragen patzige Antworten gab wie „Nö“ oder „Sag ich euch nicht“. Immer wieder verweigerte er die Kommunikation.Hinzu kommen die verblüffenden Fehleinschätzungen seiner selbst, seiner Leistungen und der Lebensrealität schlechthin. Je schlechter der Zustand des Landes, desto häufiger hört man sein „Ich, ich, ich“-Selbstlob. Selbstkritik ist seine Sache nicht, immer sind die anderen schuld. So auch jetzt – den Aussetzer in Fall Joe Chialo als Fehler zu bezeichnen, sich gar bei dem Beschimpften zu entschuldigen, kommt Olaf Scholz nicht in den Sinn. Was ist das? Kleinkindhafte Bockigkeit?„Hofnarr“-Beleidigung gegen Joe Chialo: Ahmad Mansour spricht von seinen ErfahrungenVon Christian GehrkeNewsgesternJoe Chialo verhält sich hingegen konsistent, und zwar als ein in den Stahlbädern des Lebens als Schwarzer in Deutschland trainierter Mann. „Ich bin doch kein Opfer“, sagte er in seinem ersten Interview der Berliner Zeitung auf die Frage, wie er mit Diskriminierung umgehe: Er wolle „ein anderes Narrativ“ als das vom Opfer, stattdessen von den Menschen reden „die sich mit mir zusammen gegen dummes Zeug redende Leute gestellt haben“.Das war im Jahr 2020, als er gerade seine Bundestagskandidatur für die CDU im Wahlkreis Mitte verkündet hatte, und keiner konnte wissen, was für „dummes Zeug“ er eines Tages aus Kanzlers Mund würde hören müssen.In seinem 2022 erschienenen Buch „Der Kampf geht weiter“ schildert Chialo eine Variante des wohlmeinenden Rassismus: In der Phase, als er von einer Glanzkarriere im Fußball träumte, hörte er von seinem Sportlehrer: „Klar, dass der so schnell läuft, wenn der zu Hause in Afrika immer die Zebras einfangen muss.“ Auf dieser Ebene bewegte sich der Alltagsrassismus: „Ein bisschen Spaß muss sein.“ Ist das Neid? So meint es auch Scholz: Man wird ja wohl sagen dürfen, dass die CDU da einen hat, der vieles mitbringt, was der weißen Altherrenpartei mit Provinzduft sichtlich fehlt: Er ist jung, kreativ, urban, weltläufig, gut gelaunt – ein katholischer Familienmensch und Vater, geleitet von einem christlichen Menschenbild, der bereit ist, Verantwortung zu übernehmen, die Initiative zu ergreifen und zu Dingen zu stehen, wie er es selbst im Interview formulierte.Im Unterschied zu Olaf Scholz, der eigentlich immer nur SPD-Berufspolitiker war, bringt Joe Chialo unglaublich vielfältige Erfahrung mit: in Bonn geborener Sohn tansanischer Diplomaten, Zerspanungsmechaniker, Band-Sänger, Türsteher, erfolgreicher Musikmanager mit selbst erarbeitetem Wohlstand (ja, der Porsche!). Ein solches Mitglied hätte die SPD doch gerne – Mist, dass er ausgerechnet in der CDU ist, und das mit Überzeugung.In jenem Interview, noch ganz ohne Pressesprecher oder Berater, sagte Chialo auch: „Niederlage gehört nicht in meinen Wortschatz, der Umgang mit Niederlagen schon. Niederlage ist immer Motivation, wieder aufzustehen, denn die Summe des Wiederaufstehens macht einen starken Charakter.“ Die CDU hatte Chialo erst mal aus dem attraktiven und chancenreichen Wahlkreis Berlin-Mitte nach Spandau verschoben, wo er keine Chance hatte, sich aber in einem munteren Wahlkampf doch respektabel schlug. Die Aufmerksamkeit von Laschet, Wegner und Merz war ihm dann sicher.Beim Start in die Politikerkarriere sagte Chialo auch: „Diese Schläfrigkeit und das Dauergejammer, dieses Mimimi geht nicht!“ Ein Satz wie gemacht für ein Land der Verlustängste und der Realitätsverweigerung der Scholz-Jahre. Die Hofnarren-Affäre ist geeignet, zum Ende dieses Zwischenspiels beizutragen.Haben Sie Feedback? 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