Home„Revival des Verbrenners“: Audi wendet sich nach Gewinneinbruch von Elektroautos ab „Revival des Verbrenners“: Audi wendet sich nach Gewinneinbruch von Elektroautos ab Audi verabschiedet sich offenbar von seiner E-Auto-Strategie. Wegen Problemen bei der Elektromobilität müsse das 2026 geplante Verbrenner-Aus „neu bewertet“ werden.Flynn Jacobs19.03.2025 17:29 UhrAudi überdenkt nach dem drastischen Gewinneinbruch sein für 2026 geplantes Verbrenner-Aus.dpaIm Februar 2025 wurden laut Daten des Kraftfahrt-Bundesamts (KBA) zwar etwas mehr Elektroautos zugelassen als im Vorjahresmonat. Doch die deutschen Hersteller haben nach wie vor große Probleme beim Umstieg auf Elektromobilität. Nach VW, BMW und Mercedes hat jetzt auch Audi einen starken Gewinneinbruch für das abgelaufene Geschäftsjahr gemeldet. 2024 ist der Gewinn bei der VW-Tochter um 33 Prozent auf 4,2 Milliarden Euro eingebrochen – vor allem aufgrund einer Absatzflaute in China.Audis Prognose, dass 2024 ein „Jahr des Übergangs“ werde, habe sich „leider vollumfänglich bewahrheitet“, sagte Audi-CEO Gernot Döllner. Als Reaktion auf den zweiten starken Gewinnrückgang in Folge will Audi bis 2029 insgesamt 7500 Stellen abbauen. Zudem soll Audis eigentlicher Plan, im Jahr 2026 das letzte Auto mit Verbrennungsmotor zu entwickeln, laut Döllner „angesichts der Verzögerungen bei der Transformation hin zur Elektromobilität neu bewertet“ werden. Damit könnte nach der Verbrenner-Offensive von Mercedes und BMW, die den Umstieg auf Elektroautos sogar als „diskriminierend“ bezeichnet hatten, auch Audi zum Verbrenner zurückkehren. Was sagen Experten dazu? Ist die Mobilitätswende gescheitert?VW-Gewinne brechen ein: Experten geben Audi, China und „schlechten“ E-Autos die SchuldWirtschaft11.03.2025Experte über Elektroauto-Krise bei Audi: „Wir werden verlieren“Politik12.07.2024 Experte kritisiert: Deutsche Hersteller „haben zu sehr auf die Politik gehört“ Ursprünglich hat man sich beim Ingolstädter Autohersteller auf die „komplette Umstellung auf Elektroautos bis Anfang der 2030er-Jahre beziehungsweise grob im Jahr 2033“ eingestellt, erklärte ein Sprecher der Berliner Zeitung noch vor einigen Monaten. Die hundertprozentige Elektromobilität bleibe Audis erklärtes Ziel, betonte er damals. Ab 2026 sollen bei Audi eigentlich nur noch vollelektrische Fahrzeuge entwickelt werden. Nun offenbar die Kehrtwende: Die bayerische VW-Tochter erklärte am Dienstag, dass man nicht mehr sicher sei, ob im Jahr 2026 wirklich das letzte neue Auto mit Verbrennungsmotor auf den Markt gebracht und der Verkauf solcher Autos außerhalb Chinas bis 2032 vollständig eingestellt werden kann.Für Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer kommt die Ankündigung nicht überraschend. „Die neue Verbrenner-Strategie von Audi war zu erwarten, alle machen das“, sagt der Gründer des Forschungsinstituts Center Automotive Research (CAR) in Bochum auf Anfrage der Berliner Zeitung. „Die Welt hat sich geändert, da es in Europa eine zögerliche Haltung gibt, ins Elektroauto hineinzugehen.“ Auf die Frage, ob sich die Hersteller beim Umstieg auf Elektromobilität verkalkuliert hätten, entgegnet Dudenhöffer: „Das würde ich nicht sagen. Aber sie haben zu stark auf die Worte der Politik gehört und keine eigene Strategie entwickelt.“Einzig China würde konsequent auf Elektroautos umsteigen. Der Rest der Politiker – vor allem in Europa – sei „umgefallen“, so der Branchenkenner. Das habe die Leute verunsichert und nun ein „Revival des Verbrenners“ ermöglicht. Die Autohersteller hätten sich verkalkuliert und seien von der Politik „getäuscht worden“. Ende 2023 wurde die Kaufprämie für Elektroautos von der Ampelregierung überraschend gestoppt, wodurch die Nachfrage drastisch eingebrochen ist. „Die Hersteller haben an Versprechungen geglaubt, die nicht eingehalten worden sind“, kritisiert Dudenhöffer.„Schlangen vor Arbeitsämtern“: VW-Zulieferer warnen vor brutalem Stellenabbau in SachsenVon Flynn JacobsBerlin28.02.2025 Autoexperte warnt Friedrich Merz vor neuer Kaufprämie für E-Autos Doch der bayerische Autohersteller hat auch hausgemachte Probleme. „Audi ist in einer Krise und stellt für den Volkswagenkonzern das größte Problem dar“, sagt Dudenhöffer. In den vergangenen Jahren habe es bei Audi keinerlei Stabilität gegeben. Nach dem VW-Dieselskandal habe sich der Autobauer nie erholen können, weil man permanent die Entwicklungsvorstände geändert habe. „Man kann keine Produktstrategie umsetzen, wenn alle zwei Jahre jemand Neues kommt, der andere Ideen hat.“ Dass Audi jetzt erwägt, die Produktion seiner Verbrenner zu verlängern, wird laut Dudenhöffer „allein nicht ausreichen“, um sich wieder zu stabilisieren. „Audi muss sich neu erfinden, davon ist aber von außen bislang nicht viel zu sehen.“Aus Sicht des Autoexperten Frank Schwope fährt Audi der Konkurrenz derzeit teilweise weit hinterher. „Der Konzern wurde jedoch auch wiederholt durch das Cariad-Desaster des Volkswagen-Konzerns ausgebremst“, sagt der Dozent für Automobilwirtschaft an der Fachhochschule des Mittelstands (FHM) Hannover. Die VW-Softwaretochter kämpft immer wieder mit Problemen und will bis Jahresende ebenfalls 1600 Jobs streichen. Audis Umdenken bei Verbrennern sei ein „wichtiges Anpassen an sich verändernde Rahmenbedingungen“. Langfristig führe aber „kein Weg an der Elektromobilität vorbei“, so Schwope.Das Audi-Werk in Brüssel wurde wegen der schwachen Nachfrage nach Elektroautos Anfang 2025 stillgelegt.Belga/imagoMan könne nur hoffen, dass die neue Bundesregierung um den designierten Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) den Markt nicht erneut mit einer Elektroauto-Prämie kaputtmache. „Sobald darüber diskutiert wird, brechen die Verkaufszahlen ein, weil die Käufer abwarten“, erklärt der Branchenexperte. Die Hersteller seien aufgrund der starken letzten vier Jahre nicht länger auf staatliche Subventionen angewiesen.Prof. Dr. Markus Lienkamp vom Lehrstuhl für Fahrzeugtechnik an der Technischen Universität München erklärt zwar, dass „alle Automobilhersteller die Kundenwünsche nach Elektroautos überschätzt“ hätten. Allerdings würden sich die Stromer unabhängig von der Regierung durchsetzen, weil es die einzige Möglichkeit einer kostengünstigen CO₂-Reduzierung und einer Unabhängigkeit vom Ölimport darstelle.600.000 Audis nicht abgassicher – Konzern redet schön: „Fahrzeuge sind 19 Jahre alt“Volkswagen12.12.2024Betrug bei Elektroautos? Italien ermittelt gegen VW – jetzt äußert sich der KonzernVolkswagen21.02.2025 Ist die Verkehrswende in Deutschland gescheitert? Bei den Elektroautos hat Audi laut Experte Stefan Reindl Schwächen. Der aktuelle Audi Q8 e-tron, den er laut eigener Aussage selbst fährt, sei „ein Elektrofahrzeug der ersten Generation, mit unzureichender Reichweite und Ladegeschwindigkeit“, sagt der Direktor des Instituts für Automobilwirtschaft (IFA). Erst mit dem mittelklassigen Q6 e-tron sei Audi 2024 auf Basis der Premium-Plattform Electric in die akzeptable 800-Volt-Technik eingestiegen – „und damit möglicherweise zu spät“, so Reindl. Zwar existierten schon seit 2023 der Q4 e-tron sowie mittlerweile der A6 e-tron. Es sei jedoch „fraglich, ob das ausreicht, um Kunden von der Audi-Kompetenz in Richtung Elektromobilität zu überzeugen“.Laut Reindl wird Audi „angesichts der aktuellen und erwartbaren Nachfrage in Nordamerika und Europa gar nicht umhinkommen, parallel in die Weiterentwicklung von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor zu investieren, um diese Märkte nicht den Wettbewerbern zu überlassen“. Ist die Mobilitätswende in Deutschland angesichts der Verbrenner-Rückkehr bei den Herstellern nun also gescheitert? „Nein, das nicht, aber sie wurde wesentlich beschädigt“, bilanziert Ferdinand Dudenhöffer.Haben Sie Feedback? Schreiben Sie uns! briefe@berliner-zeitung.de