HomeTechnologieNeue Erkenntnisse zu Parkinson: Zwei aktuelle Studien machen Patienten Hoffnung Neue Erkenntnisse zu Parkinson: Zwei aktuelle Studien machen Patienten Hoffnung Behandlung von Parkinson: Der Ersatz abgestorbener Zellen im Gehirn könnte der Schlüssel sein, die unheilbare Krankheit heilbar zu machen. Zwei aktuelle Studien machen zuversichtlich.Christian Schwager16.04.2025 18:25 UhrEine zitternde Hand ist ein deutlich sichtbares Symptom von Parkinson.imagoParkinson ist nach Alzheimer die zweithäufigste neurodegenerative Erkrankung. Millionen Menschen weltweit sind davon betroffen, eine Heilung ist bisher nicht möglich. Nun machen zwei aktuelle Studien Patienten Hoffnung. Veröffentlicht wurden sie in der Fachzeitschrift Nature. Sie zeigen, dass Transplantationen von im Labor gezüchteten Nervenzellen bei Parkinson-Patientinnen sicher sind. Zum Teil führen sie sogar zu messbaren Verbesserungen des Krankheitsbildes. Beide Studien setzen auf unterschiedliche Stammzelltypen als Ausgangszellen, kommen aber zu ähnlichen Ergebnissen.Bei Parkinson schalten sich Zellen in den sogenannten Basalganglien ab, einer Region im Gehirn. Sie produzieren Dopamin. Fehlt dem Körper dieser Botenstoff, kommt es zu Ausfallerscheinungen: zum Tremor, dem Zittern; zum Rigor, den versteiften Muskeln; zur Bradykinese, den verlangsamten Bewegungen.Ins Berghain zur Behandlung: Hilft Techno-Musik gegen Parkinson?Berlin12.04.2025Durchbruch in der Behandlung von Alzheimer: EU lässt neues Medikament zuRatgeber15.04.2025Es gibt Medikamente, die den Mangel an Dopamin ausgleichen, bis zu einem gewissen Grad. Gegen den fortschreitenden Verlust der Gehirnzellen wirken sie nicht. Parkinson ist unheilbar. Wer daran erkrankt, wird früher oder später zum Pflegefall.Ein seit einiger Zeit verschiedentlich entwickelter Therapieansatz dreht sich um den Ersatz der abgestorbenen Zellen. In einer klinischen Phase-1-Studie in den USA testeten nun Wissenschaftler unter der Leitung von Viviane Tabar eine Therapie mit aus Embryonen gewonnenen Stammzellen. Diese haben die Fähigkeit, sich in fast alle Zelltypen des Körpers entwickeln zu können. Im Labor wurden sie gezielt in eine Vorstufe von Nervenzellen umgewandelt, die Dopamin herstellen. Diese Zellen wurden anschließend in das Gehirn von zwölf Parkinson-Patientinnen und -Patienten transplantiert. Dabei erhielten fünf Personen eine niedrigere und sieben eine höhere Dosis der Zellen.Nach 18 Monaten waren keine schweren Nebenwirkungen zu beobachten. Es bildeten sich auch keine Tumore. Radiologische Untersuchungen zeigten, dass die Zellen überlebten und Dopamin produzierten. Die Beweglichkeit verbesserte sich vor allem in der Hochdosisgruppe.Die Idee, embryonale Stammzellen zu verwenden, ist nicht neu, jedoch ethisch umstritten: Die Zelllinien werden aus einem frühen Embryo gewonnen, der zum Beispiel für eine In-vitro-Fertilisation (IVF) erzeugt und dann für die Forschung gespendet wird. In dieser Studie setzten die Forschenden aber auf eine bereits existierende Zelllinie, es mussten also keine neuen Zellen gewonnen werden. Die Studie wurde in Zusammenarbeit mit der Bayer-Tochter Bluerock Therapeutics durchgeführt. Noch im ersten Halbjahr 2025 soll eine zulassungsrelevante Phase-3-Studie starten. Experten äußern sich zu Parkinson-Studien Ein Forschungsteam aus Japan um Ryosuke und Jun Takahashi setzte in einer Phase-2-Studie auf eine ethisch weniger umstrittene Stammzellquelle: Die Autorinnen und Autoren nutzten sogenannte induzierte pluripotente Stammzellen, sogenannte iPS-Zellen, wie das Wissenschaftsportal Science Media Center schreibt. Dafür nutzten sie Blutzellen von einem gesunden Spender. Im Labor wurden diese Zellen zu iPS-Zellen zurückverwandelt. Aus ihnen wurden anschließend ähnlich wie in der ersten Studie im Labor gezielt Vorläufer von dopamin-produzierenden Nervenzellen hergestellt. Diese wurden insgesamt sechs Patientinnen und Patienten ins Gehirn transplantiert. Die Teilnehmenden wurden über zwei Jahre beobachtet.Beide Studien untersuchen nicht die Wirksamkeit der Therapien, sondern deren Sicherheit und Effektivität. Das offene Studiendesign ist bei frühen klinischen Untersuchungen üblich ist. Es gab keine Kontrollgruppe und alle Beteiligten wussten, wer die Behandlung erhält. Sogenannte Placebo-Effekte waren nicht auszuschließen.„Sollte der Sicherheitsaspekt und die Nebenwirkungen der Immunsuppression sich weiterhin als gut beherrschbar erweisen“, sagt Paul Lingor, Oberarzt der Klinik für Neurologie am Klinikum rechts der Isar in München, „könnte diese Therapie künftig eine Alternative für aktuelle gerätegestützte Verfahren wie die Tiefe Hirnstimulation oder Pumpentherapie darstellen und Patienten für viele Jahre einen kontinuierlichen Dopaminspiegel garantieren. Eine Heilung der Parkinsonerkrankung stellen diese Therapien nicht dar, aber sie könnten signifikant zu einer längeren guten Lebensqualität beitragen.“Thomas Gasser, ärztlicher Direktor der Abteilung Neurologie mit Schwerpunkt Neurodegenerative Erkrankungen, Universitätsklinikum Tübingen, ist im Gespräch mit Science Media Center zurückhaltender. „Therapeutische Wirksamkeit kann nicht wirklich evaluiert werden. Beide Studien zeigen relativ ähnliche Ergebnisse und zeigen damit, dass zwei verschiedene Möglichkeiten zur Generierung dopaminerger Vorläuferzellen ähnliche Ergebnisse aufweisen.“Zu möglichen Anwendungsgebieten sagt der Professor: „Der Ersatz geschädigter Dopaminzellen ist offensichtlich dann sinnvoll, wenn das Ausmaß der Schädigung ein Stadium erreicht hat, in dem eine medikamentöse Therapie nicht mehr ausreicht. Ich würde mir hier also keine Vorteile einer besonders frühen Therapie erwarten.“ Ein mögliches Problem könne sein, dass diese Therapie überwiegend die motorischen Symptome verbessere, für die es auch eine Reihe anderer therapeutische Optionen wie die tiefe Hirnstimulation oder Pumpentherapien gibt .„Ob kognitive oder andere nicht motorische Probleme, die im späteren Stadium der Parkinsonkrankheit die Lebensqualität in erster Linie definieren, durch einen Zellersatz ebenfalls positiv beeinflusst werden können, ist meines Erachtens unklar.“ Lesen Sie mehr zum Thema TechnologieRatgeberGesundheit & Wohlbefinden