PolitikMyanmar Myanmar nach dem Erdbeben: kaum Hilfe – mehr Luftangriffe Tommy Walker20.04.202520. April 2025Nach dem schweren Erdbeben in Myanmar kämpfen Tausende ums Überleben. Inmitten von Luftangriffen und Bürgerkrieg erreicht humanitäre Hilfe die Betroffenen nur schwer.https://p.dw.com/p/4tFf6Zeltlager nach dem Erdbeben in MyanmarBild: Magdalena Chodownik/Anadolu/picture allianceAnzeigeWie viele Tausende Menschen beim schweren Erdbeben Ende März in Myanmar ums Leben gekommen sind, ist noch unklar. Mit einer Stärke von 7,7 war das Beben vom 28. März 2025 in Myanmar das stärkste seit 1912. Wohnhäuser und Hotels stürzten ein, Straßen und Brücken wurden zerstört. Rund 60.000 Menschen leben nun in Zeltlagern in Zentralmyanmar. Natty Tangmeesang, eine Bloggerin aus dem benachbarten Thailand, die die betroffenen Gebiete Myanmars, darunter die Stadt Sagaing, besuchte, berichtete, dass vielen Menschen, die durch das Erdbeben obdachlos geworden sind, die nötigen Mittel für den Wiederaufbau ihrer Häuser fehlen. „In den Gebieten, die ich besucht habe, gab es viele Klöster, Schulen für Nonnenklöster und abgelegene Dörfer“, sagte Natty der DW. „Dort fehlt es ihnen immer noch an allem: an Lebensmitteln, Trinkwasser, Dingen des täglichen Bedarfs und an Geld. Viele Familien müssen in den engen Straßen ausharren und Passanten um Spenden bitten.“ Die Militärregierung Myanmars, die sich selbst als Staatsverwaltungsrat (SAC) bezeichnet, teilte mit, dass 3145 Menschen beim Erdbeben ums Leben gekommen und mehr als 4500 verletzt seien. Viele werden noch vermisst. Das Medienunternehmen „Democratic Voice of Burma“ (DVB) berichtete von 4346 Toten, 7890 Verletzten und 210 Vermissten. Myanmar-Flüchtlinge bangen um die Menschen im Heimatland To view this video please enable JavaScript, and consider upgrading to a web browser that supports HTML5 video Die Hilfsmaßnahmen wurden durch den brutalen Bürgerkrieg in Myanmar erschwert, der seit der Machtübernahme durch das Militär im Jahr 2021 tobt. Die demokratisch gewählte Zivilregierung unter Aung San Suu Kyi war damals gestürzt worden. Das Militär kämpft gegen Widerstandsgruppen, darunter die oppositionelle Nationale Einheitsregierung (NUG), und bewaffnete ethnische Organisationen. Die NUG wurde von gewählten myanmarischen Abgeordneten gegründet, die von der Junta ihres Amtes enthoben wurden. Obwohl der SAC weniger als die Hälfte des Landes kontrolliert, muss jegliche internationale Hilfe über das Regime laufen, das noch immer die Kontrolle über Großstädte wie Mandalay, Yangon und die Hauptstadt Naypyidaw hat. Was behindert die Hilfsmaßnahmen? Hilfskräfte berichten, dass sie angesichts der Verwüstung Schwierigkeiten haben, Hilfe zu leisten. Das UN-Menschenrechtsbüro kritisiert, dass Myanmars Militär trotz eines erklärten Waffenstillstands weiterhin Luftangriffe durchführt, obwohl der alleinige Fokus darauf liegen sollte, sicherzustellen, dass die Hilfe die Katastrophengebiete erreicht. Die Internationale Föderation der Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften erklärte, dass starke Regenfälle am Dienstagabend Straßen und Lager rund um Myanmars zweitgrößte Stadt Mandalay überflutet hätten. The Progressive Voice Myanmar, eine Interessenvertretungsorganisation, die vor Ort die Betroffenen unterstützt, erklärte, dass die internationale Hilfe die Gebiete außerhalb von Sagaing nicht erreicht habe. „Unsere lokal geleiteten Hilfseinsätze in der ersten Phase der Wiederaufbaumaßnahmen haben aber einige betroffene Gemeinden außerhalb von Mandalay und Sagaing erreicht“, sagte der Gründer der Organisation, Khin Ohmar, gegenüber der DW. „Diese lokal geleiteten Bemühungen werden sowohl von der Zivilgesellschaft als auch von der NUG getragen und umfassen auch die Gesundheitsversorgung.“ Khin sagte: „Die Junta blockiert und behindert die Hilfe, bedroht die Mitarbeiter der Hilfsorganisationen und erpresst Geld.“ Mehr Hilfe nötig Das Erdbeben veranlasste das myanmarische Militär zu einer seltenen Bitte um internationale Unterstützung und Hilfe, obwohl Juntachef Min Aung Hlaing in der internationalen Gemeinschaft weitgehend isoliert ist. Der zehnköpfige Verband Südostasiatischer Nationen (ASEAN) hat Min von seinen Gipfeltreffen ausgeschlossen, da es keine Fortschritte bei einem Friedensplan für Myanmar gebe. Teams aus den USA, China, Großbritannien, Malaysia und Südkorea haben Millionen von Dollar an Nothilfe zugesagt, während Thailand, Indonesien, die Philippinen, Vietnam, Neuseeland, Indien, Japan, Singapur und Russland Rettungseinheiten zur Unterstützung der Nothilfe entsandt haben.Internationale Unterstützung und Hilfe nach dem Beben in Myanmar Bild: IMAGO/ITAR-TASS Nach Aussage von Soe Myint, dem Chefredakteur des Medienunternehmens Mizzima, reicht das nicht aus. „Es braucht mehr Unterstützung für den Transport der Hilfsgüter in die betroffenen Gebiete“, forderte er im Gespräch mit der DW. „Es müssen mobile Kliniken eingerichtet, ausgebildete Sanitäter für Erste Hilfe und psychologische Betreuung bereitgestellt werden“. Und es mangle an Berichten über die Lage vor Ort, kritisiert der Journalist. Während internationale Hilfe nach Myanmar gelassen wurde, wurde vielen internationalen Medienschaffenden die Berichterstattung über die Folgen des Erdbebens untersagt. Schwierigkeiten bei der Berichterstattung Die Junta führt als Begründung für dieser Verbot an, dass Myanmar nach dem Erdbeben nicht sicher sei und es an Unterkünften mangele. Staatlich kontrollierte Medien aus China erhielten jedoch bereits Zugang zum Epizentrum. Tin Tin Nyo, Geschäftsführerin von Burma News International, erklärte, es sei selbst für lokale Medien in Myanmar schwierig, über die Verwüstung zu berichten. „Insbesondere unabhängige Medien können nicht in die vom SAC kontrollierten Gebiete reisen, aber sie können über die von der NUG und den ethnischen Widerstandsorganisationen kontrollierten Gebiete auf Informationen zugreifen.“ „Die meisten Medien sind auf Bürgerjournalisten und einige freie Mitarbeiter angewiesen, die ihnen in bestimmten Gebieten zugewiesen werden“, sagte sie gegenüber der DW. Sie fügte hinzu, dass die Luftangriffe, die die Hilfsmaßnahmen behindern, eingestellt werden und die UN-Organisationen mehr tun müssten. „Die Bombardierungen sind zahlreicher und intensiver geworden und haben viele Zivilisten getötet. UN-Organisationen und Diplomaten müssen in diese Gebiete reisen, um die Menschen zu treffen. Sie müssen Druck auf die Junta ausüben, damit sie die Bombenangriffe einstellt“, sagte Khin. Min Aung Hlaing wird Ende dieser Woche zum zweiten Mal innerhalb eines Monats nach Bangkok, Thailand, reisen, um mit dem malaysischen Premierminister und ASEAN-Vorsitzenden Anwar Ibrahim über humanitäre Hilfe zu sprechen. „Wir schicken unser Rettungsteam dorthin, um die Sicherheit zu gewährleisten“, sagte er und fügte hinzu, er werde sich dafür einsetzen, dass der Waffenstillstand auch über sein Ablaufdatum am 22. April hinaus Bestand hat. Aus dem Englischen adaptiert von Shabnam von Hein Wer bestimmt die Zukunft Myanmars? 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