S Im April und Mai 1945 wird Berlin zerstört: Von manchen Straßen gibt es nur noch Schutt – AktuelleThemen.de

HomeBerlinIm April und Mai 1945 wird Berlin zerstört: Von manchen Straßen gibt es nur noch Schutt Im April und Mai 1945 wird Berlin zerstört: Von manchen Straßen gibt es nur noch Schutt Im Mai 1945 ist Berlin so gut wie weggebombt. Die Berliner benennen ihre Stadtteile neu: Aus Lichterfelde wird „Trichterfelde“, aus Steglitz „Steht nix“ und aus Charlottenburg „Klamottenburg“.Ingar Solty23.04.2025 14:53 UhrDas Foto zeigt das zerstörte Berlin aus dem Jahr 1945.United Archives/imagoBei dieser historischen Rekonstruktion der letzten Phase des Zweiten Weltkriegs, von Ingar Solty verfasst, handelt es sich um eine vierteilige Reihe. Dies ist der vierte Teil.Als Kriegsdonner und Rauch sich verzogen hatten, gibt der strahlend blaue Frühlingshimmel den Blick auf eine untergegangene Stadt frei. „Der Weg durch die Stadt“, schreibt Ursula Spaltowsky in ihr Tagebuch, „treibt einem die Tränen in die Augen. Von manchen Straßen gibt es nur noch Schutt, der z.T. noch raucht. Auch die Parkanlagen sind voller Schutt, und die meisten Bäume sind abgebrannt.“ Insgesamt besteht Berlin im Mai 1945 aus 75 Mio. Kubikmetern Trümmerschutt. Damit könnte man einen 35 Meter breiten und 5 Meter hohen Damm von Berlin bis nach Dortmund bauen. In Gesamtberlin sind 48 Prozent aller Gebäude total zerstört: Von den ehemals 1,5 Millionen Wohnungen existieren noch 870.000, aber nur 730.000 sind noch halbwegs bewohnbar. 140 der 225 Brücken sind durch Bombardierungen und Sprengungen zerstört, das S-Bahn-System an Hunderten Stellen unterbrochen. Die Stadt besitzt von 153.000 Kraftfahrzeugen jetzt noch 115.21. und 22. April 1945: Die Schlacht um Berlin geht in ihre EndphaseBerlingestern16. April 1945, Schlacht um die Seelower Höhen: Die Kriegspropaganda wirkte bis zuletztPolitik16.04.2025Dem Berliner Volksmund wird ein Zynismus nachgesagt, der aus Lichterfelde nun „Trichterfelde“, aus Steglitz „Steht nix“ und aus Charlottenburg „Klamottenburg“ macht. Besonders betroffen sind die Arbeiterquartiere. Dies lässt sich anhand des Stadtteils Friedrichshain aufzeigen. Von allen damals 20 Stadtbezirken weist dieser östliche Berliner Bezirk den zweitgrößten Zerstörungsgrad auf. Nach dem Krieg sind von 8088 Gebäuden zu Kriegsbeginn 27 Prozent völlig zerstört und 18,5 Prozent schwer beschädigt. 54 Prozent der Friedrichshainer Wohnungen sind unbewohnbar. Und auch was noch steht, hat gelitten. „Was mit einem Gründerzeithaus bei einem Bombenangriff passiert“, schreibt später die ostdeutsche Schriftstellerin Annett Gröschner, „haben die Kinder in (…) Schulaufsätzen zu beschreiben versucht: ‚Eine Riesenfaust hat uns gepackt, zuerst gehoben und dann zu Boden geschmettert.‘ (…) Kein Wunder, dass in den alten Gebäuden trotz Luxussanierung in der Nacht wie von Geisterhand die Türen aufgehen und die Bleistifte noch ein Stück weiterrollen, wenn sie herunterfallen. Die Luftminen und Sprengbomben haben auch die äußerlich unzerstörten Häuser krumm und schief gemacht. Wer das weiß, wundert sich, wenn die Leute mit den gierigen Augen durch die Häuser ziehen, um die begehrten Wohnungen zu astronomischen, wenn nicht sogar astrologischen Preisen zu kaufen.“Eine zerbombte Berliner StraßeMikulina/imago Ein Neuanfang scheint kaum vorstellbar Von den 1939 gezählten 346.264 Einwohnerinnen und Einwohnern Friedrichshains sind 1945 noch etwa 156.000 übrig, darunter 17,2 Prozent Kinder unter 14 Jahren. Der Anteil der Arbeiterinnen und Arbeiter in der Stadt ist – nach ausgegebenen Lebensmittelkarten berechnet – von 60 auf 35,3 Prozent gesunken. „Das Gros der männlichen Arbeitskräfte“, schreibt später der Historiker Norbert Podewin, „war im August 1945 älter als 40 Jahre alt. Auf 100 Männer zwischen 20 und 30 Jahren kamen 450 Frauen der gleichen Altersklasse. In Friedrichshain gab es 2545 Mädchen und 504 Jungen im Alter von 18 bis zu 21 Jahren.“ Von 203 niedergelassenen Ärzten praktizieren noch 15, von 42 Zahnärzten noch zwei. Das Horst-Wessel-Krankenhaus, heute das Vivantes-Klinikum im Friedrichshain, ist im Bombenhagel weitgehend zerstört worden und es existieren nur noch 570 von 986 Betten. Im ganzen Bezirk gibt es gerade noch zwei Lkw mit Hängern, eine einzige Zugmaschine mit Anhänger und nur noch 19 Pferdegespanne. Überall im Bezirk ist die Wasser-, Strom- und Gasversorgung unterbrochen. Ein Drittel der U-Bahnen steht unter Wasser.16. April 1945, die Schlacht um Berlin: Noch heute kann man die Zerstörung erkennenBerlin14.04.2025Sachsenhausen will russischen Botschafter „mit Sicherheitskräften“ entfernenPolitikvor 3 Std.Berlin ist untergegangen, ein modernes Pompeji, ein Pompeji von Menschen-, von Faschistenhand. Den Preis bezahlt haben viele Unschuldige. Plivier lässt einen Soldaten sagen: „Laß dir das nicht einreden, mein Junge! Bei den letzten einigermaßen richtigen Wahlen – du warst damals noch ein Wickelkind – hat [Hitler] in Berlin nur einunddreißig Komma drei Prozent Stimmen gekriegt! (…) Das ist, abgesehen von Köln und Aachen, weniger als irgendwo in Deutschland. Nein, Berlin hat ihn nicht gewollt, hat ihn niemals beauftragt (…)“.Ein Neuanfang scheint indes kaum vorstellbar. Die Lyrikerin Inge Müller, Wehrmachtshelferin in den Kämpfen im Prenzlauer Berg, beschrieb im Gedicht „Heimweg 1945“ ihren Rückweg von der Schönhauser Allee über die Danziger Allee bis zum Frankfurter Tor und von dort nach Friedrichsfelde raus: „Übriggeblieben zufällig / Geh ich den bekannten Weg / Vom Ende der Stadt zum anderen Ende / Ledig der verhaßten Uniform / Versteckt in gestohlenen Kleidern / Aufrecht, wenn die Angst groß ist / Kriechend über Tote ohne Gesicht / Die gefallne Stadt sieht mich an / Ich seh weg.“Verletzte in der deutschen Hauptstadt, 1945Alexander Kapustyanskiy/imago Berlin nach Kriegsende kann in einer Reihe von Filmen besehen werden Der DDR-Gegenwartsschriftsteller Helmut Meyer wird sich später in seinem 1962 geschriebenen Roman „Lena in Berlin“ wie folgt an das Ausmaß der Zerstörung erinnern: „Benno ging über das Schlachtfeld seiner Heimat. Anschriften mit Kreide an Mauerresten, angenagelte, verwaschene Zettel gaben Kunde von Überlebenden, nannten den neuen Zufluchtsort oder standen mit der nackten Frage: Lebst du noch, Anna? Lebst du noch, Karl?“ Und der sowjetische Kriegsberichterstatter Boris Polewoi schreibt nach dem Krieg über seinen Abschied: „Als wir uns vor Tau und Tag wieder auf den Weg machten, erschien uns Berlin unheimlich menschenleer. Eine verstümmelte, dunkle Riesenstadt, mit Bergen von Ruinen entlang den breiten Straßen, gesprengten, provisorisch instand gesetzten Brücken und buchstäblich an jeder Ecke Spuren erbitterter Gefechte. Das Stadtzentrum war völlig zerstört. Obwohl wir den ganzen Krieg über viele Ruinen und Brandstätten gesehen hatten und obwohl mir die Ruinen meiner Heimatstadt Kalinin und das in einen einzigen Trümmerhaufen verwandelte Stalingrad noch deutlich vor Augen standen, bedrückte mich der Anblick Berlins. Nach manchen unversehrten Details zu schließen, mochte es einmal schön gewesen sein.“In Johannes R. Bechers Gedicht „Berlin“ heißt es: „Das war Berlin, die Stadt, die staubergraute, / Und immer wieder neu erstand Berlin. / Das war Berlin, die Stadt, die hochgebaute, / Umsäumt vom Grün der Laubenkolonien. / Soll mir dein Lied auf immerdar verstummen? / Und finde ich dich nie mehr nirgendwo? / Weckt mich nie mehr dein frühes U-Bahn-Summen? / Und es steht still die Uhr am Bahnhof Zoo. / Ein Leuchten war, wenn sonntags in den feuchten / Asphalt die Morgensonne widerschien. / Die Fenster standen offen in dem Leuchten, / Und blau lag Himmelsstille auf Berlin. / Ins Freie zogen lebende Girlanden, / Berlin zog aus am Sonntagnachmittag. / Fern, wie versteckt: ein Pfiff, ein Beifallsbranden. / Vom Sportplatz her des Fußballs dumpfer Schlag. / Tiergarten. Hingelehnt um runde Beete / Ruhn Bänke in der Sonne. Wo sind sie? / Wo ist sie, die Musik, die traumhaft wehte? … / Und das war einst: Charlottenburg am Knie. / In Sommernächten ging durch Parkanlagen / Ein flüsternd Glück. Wenn es auch nur kurz war, / Genug, um dir für immer Dank zu sagen. / Ein wenig Glück. Unsagbar wunderbar. / Wo seid ihr hin? Wohin seid ihr vertrieben? / Wo sind Sie, Fräulein, das zum Rendezvous / Eilt frohgeschminkt – blickt auf die Uhr: gleich sieben! / Wo liegt Berlin? Und wo bist du – und du? / Wo seid ihr hingefahren, ihr Chauffeure? / Wo ist jetzt euer Autodroschkenstand? / Still. Still. Damit ich euer Hupen höre … / Und gibt es noch den Wannseebadestrand? / Das ist der Wedding ohne Häuserreihen. / Der Nettelbeckplatz. Welch ein Fahnenrot, / Als einst durch Straßen bliesen die Schalmeien … / Ein Toter gräbt sich ein im Straßenkot. / Spiralen glühend winden sich die Schienen, / Das Feuer fließt herunter an dem Stein. / Ein Feuersturm wirft hoch die Brandruinen. / Und das war einst der Saalbau Friedrichshain. / Und das war Zehlendorf und Krumme Lanke, / Der Grunewald, und das war Halensee. / Und das ist Moabit, das sterbenskranke, / Und schaut mit den Ruinen auf die Spree … / Dort liegt Berlin. Die Sonne bleibt tagsüber / In schwarzen Rauch gehüllt. In Frost und Glut. / Erliegt, zum Tod verdammt, Berlin dem Fieber. / Die Ratten aber haben wohlgeruht. / Sie spitzen ihre Ohren, denn sie hören, / Es schlug die Bombe drüben in das Haus. / Sie lassen sich nicht bei der Mahlzeit stören, / Und graben, scharren neue Schätze aus. / Berlin! Wovon erzählen die Ruinen? / Als Übermensch erschien der Gernegroß. / Es schmetterten ‚Sieg Heil‘ die Schreibmaschinen, / Und Gernegrößen saßen in Büros, / Und Städte, Länder zählten sie zusammen, / Und Städte, Länder flammten auf sogleich. / Das ‚Deutsche Wunder‘ waren Blut und Flammen, / Und ‚Reich‘ hieß ihnen ihr Geschäftsbereich. / Sie bliesen, aufgeblasen, wie Fanfaren. / Der Führer rief, sie hoben ihre Hand. / Sie sangen und sie pfiffen: ‚denn wir fahren …‘ / Der Stammtisch landet schon in Engeland. / Sie konnten kaum die große Zeit erwarten / Und schrien ‚Sieg Heil!‘, den Mund weit aufgesperrt, / Und in der ‚Scala‘ und im ‚Wintergarten‘ / Traf sich der Übermensch beim Wunschkonzert … / Berlin! Berlin! Was sucht ihr unter Steinen? / Schaut in den Stein, horcht in den Stein hinein! / Und Steine bluten und die Steine weinen / Und Steine klagen an und Steine schrein. / Der Mond schwebt über ragendem Gemäuer, / Und wie erbleichend schwindet er dahin. / Dumpf rollend kündet an, von Rauch und Feuer / Umhüllt, ein Donnerwort: Schlacht um Berlin.“Berlin nach Kriegsende kann in einer Reihe von Filmen besehen werden, darunter in dem ersten deutschen Nachkriegsfilm „Die Mörder sind unter uns“ (1946) von Wolfgang Staudte, der etwa den Stettiner Bahnhof und den Andreasplatz zeigt, in „Irgendwo in Berlin“ (1946) von Gerhard Lamprecht, in Kurt Maetzigs Dokumentarfilm „Berlin im Aufbau“ (1946) und auch in Roberto Rossellinis neorealistischem Klassiker „Deutschland im Jahre Null“ (1948).Fast die ganze Stadt wurde 1945 zerstört.Temin/imago Ein neues Deutschland Die erste Aufgabe nach Kriegsende besteht in der Versorgung der Bevölkerung. „Wir hatten tagelang nichts gegessen“ erinnert sich Gisela Schulz. „Draußen lagen überall Pferde, viele russische von den Kampf-Wagen. Die haben noch gelebt. Da kamen die Leute aus den Kellern und schnitten an den Pferden herum. Man mußte von etwas leben. Das kann man sich heute nicht mehr vorstellen. Ich will nicht daran denken. Ich habe jahrelang nachts geschrien.“ Bei der Vermeidung einer Hungerkatastrophe erwirbt sich der sowjetische Stadtkommandant Nikolai E. Bersarin große Verdienste, weil er, wie auch Konservative später anerkennen müssen, Zehntausende Berliner vor dem Hungertod bewahrt.Der Wiederaufbau begann im Grunde zeitgleich – insbesondere mit Brückeninstandsetzungen. An vielen Orten rufen KPD und SPD gemeinsam zu einem großen Subbotnik auf, so etwa am 28. Oktober im Berliner Osten. Am Petersburger Platz, in der Frankfurter Allee, am Küstriner Platz (heute Franz-Mehring-Platz), in der Boxhagener Straße und am Krankenhaus im Friedrichshain finden sich 10.000 Bezirksbewohner ein, die dem Aufruf gefolgt sind. Auch der von der sowjetischen Besatzungsbehörde installierte Bezirksbürgermeister, der aus dem KZ Sachsenhausen zurückgekehrte Antifaschist und Kommunist Heinrich Starcke, nimmt als gelernter Maurer an den Maurerarbeiten teil.Berlin kommt zu neuem Leben. Aber wer es heute sieht, macht sich wohl selten eine Vorstellung davon, dass und wie der Krieg noch Jahrzehnte als schmerzliche Wunde den sozialräumlichen Alltag prägte. Dass auch noch viele Jahre nach dem Beginn des „Nationalen Aufbauprogramms Berlin“ der DDR im November 1951 in wenigen Metern Entfernung von Hans Scharouns Laubenhäuser und Henselmanns Zuckerbäckerstilbauten an der Karl-Marx-Allee Ruinen herumstanden. Die benachbarte Ruine der St. Markuskirche etwa wird erst 1957 abgetragen.Das Aufwachsen im zerstörten Berlin beschreibt der DDR-Schriftsteller Helmut Meyer in seinem Roman „Lena in Berlin“ (1962), der die Zeit des Übergangs zum Nationalen Aufbauprogramm nach 1951 behandelt, als ein Gemisch aus finsteren Ruinen, hohen Trümmerbergen, „schon abgeräumten Ruinenplätzen“ mit tief ausgeschachteten Baugruben, zertrümmertem Straßenpflaster aus dem provisorische hölzerne Masten hervorragen, „oben mit matten, gelbbrennenden Birnen.“Helmut H. Schulz schreibt in seinem – 1974 erstveröffentlichten und in der Friedrichshainer Blumenstraße spielenden – Roman „Abschied vom Kietz“: „Irgendwie war es eine abgeschlossene Welt, in der wir lebten. Unsere Gegend war wie eine Insel, auf der sich, zwei Jahre nach dem Krieg, das Treibgut abgelagert hatte. Sicherlich wurden wir noch in einer Statistik geführt, doch wer uns suchte, der fand uns nur schwer in dem Gewirr von Ruinen, Häusern und Höfen.“Noch in den 1980er-Jahren, so schreibt Annett Gröschner über ihr Berlin, sei „[i]n den Vierteln jenseits der Magistralen (…) der Krieg immer noch anwesend“ gewesen. „Die Fassaden waren übersät von Einschüssen und bezeichneten den Verlauf der Front (…). Unter jeder Grasnarbe, unter jeder versiegelten Fläche konnte das Grauen verborgen sein, denn die Keller waren bei der Enttrümmerung nur zugeschüttet worden.“ Und Gröschner zitiert den Filmemacher Jörg Foth: „Immer wenn man in Prenzlauer Berg um die Ecke ging, fehlte sie“.Kriegsende in Berlin, 1945TT/imagoBerlin aber lebt wieder auf. In Ost-Berlin beschließt die Regierung zum 21. Dezember 1949, Stalins 70. Geburtstag, den systematischen Wiederaufbau. Symbolisch beginnt er an der „Roten Weberwiese“. Von hier aus war das andere Deutschland, das Deutschland der Arbeiterbewegung, am 1. Mai 1923 mit berlinweit dann einer halben Million Arbeiterinnen und Arbeitern in Viererreihen in Richtung Alexanderplatz demonstriert und auch hier war es gewesen, dass am 5. März 1925 Tausende Mitglieder des Roten Frontkämpferbundes gegen „Faschismus und Polizeiterror“ demonstriert hatten. Hier entsteht nun, damals noch als Stalinallee, die heutige Karl-Marx-Allee. Am 2. Januar 1952 wird der Grundstein gelegt – mit 50.000 Menschen und über einer Million Subbotnik- und Aufbauschichten binnen eines Jahres.1951 ist mit dem Hochhaus an der Weberwiese bereits der Prototyp für die Bauten an der Stalinallee fertiggestellt worden. Zu diesem Anlass schreibt Bertolt Brecht sein „Friedenslied“, dessen Zeilen bis heute die Fassade zitieren: „Friede in unserem Lande, / Friede in unserer Stadt, / daß sie den gut behause, / der sie gebauet hat.“ Im Losverfahren ziehen tatsächlich Tausende der Erbauer der Stalinallee in die Wohnungen der sozialistischen Prachtstraße ein, auch ohne Parteibuch. Am 21. Dezember 1952 findet in der Staatsoper Unter den Linden die feierliche Übergabe der ersten tausend Wohnungen statt. „Die überwiegende Mehrzahl der Erstbewohner waren Arbeiter und Angestellte“, schreibt Marika Bent. „Hell und geräumig waren die Wohnungen. Sie verfügten über modernen Komfort wie Fernheizung, geflieste Bäder, Parkettböden, Telefon und Müllschlucker. Die Miete betrug durchschnittlich 90 Pfennig pro Quadratmeter.“ Zugleich sind nicht alle zufrieden: Es ist von der Baustelle an der Stalinallee ausgehend, dass, freilich auch tatkräftig unterstützt aus dem Westen und vom US-Sender Rias, die Proteste gegen die Normerhöhungen beginnen, die am 17. Juni 1953 von der Roten Armee niedergeschlagen werden.Brechts Fassadenverse am Weberwiesehochhaus jedenfalls werden in schwarzen Marmor geschlagen. Dessen Ursprung ist besonders. Er stammt aus „Carinhall“. Dies war der zerstörte Luxusjagdsitz von Hermann Göring, der jetzt eigentlich Meier hätte genannt werden müssen. Die neue Verwendung von Görings Marmor war eine starke Symbolik: Der deutsche Faschismus – er hatte die Welt in Brand gesteckt, in der Sowjetunion verbrannte Erde hinterlassen und am Ende Berlin in seinem Inferno vernichtet. Aber am Ende sollte, so wenigstens das Ziel, ein neues Deutschland der Werktätigen und der Bauern über den Faschismus triumphieren. Ein neues Deutschland mit einer besonderen Losung: Nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg!Haben Sie Feedback? Schreiben Sie uns! briefe@berliner-zeitung.de Lesen Sie mehr zum Thema BerlinZweiter WeltkriegCharlottenburgPrenzlauer BergFriedrichshainDDRFrankfurter AlleeBezirkeMobilität & InfrastrukturErster Mai

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