HomeBerlinGrüne unter Verdacht: Führungsposten im Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg auch ohne Ausbildung? Grüne Vetternwirtschaft? Friedrichshain-Kreuzberg bezahlte einige Mitarbeiter besonders üppig Personal wurde ohne Qualifikation eingestellt. Berlins CDU fordert Bewerber auf, gegen ihre Ablehnung zu klagen. Das sind die krassesten Fälle.Andreas Kopietz17.01.2025 aktualisiert am 18.01.2025 – 13:36 UhrClara Herrmann (Bündnis 90/Die Grünen) ist Bezirksbürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg. Ihr untersteht das Personalressort.Jörg Carstensen/dpaZählt im grün regierten Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg das Parteibuch mehr als die fachliche Qualifikation? Bereits Ende November hatte Berlins Landesrechnungshof festgestellt, dass das Bezirksamt ungerechtfertigte Zahlungen an Beschäftigte leistete und so ein Schaden von insgesamt 1,4 Millionen Euro entstand. Die Behörde hatte im Rathaus 170 Personalakten aus den Jahren 2021 und älter geprüft.Im vertraulichen Teil seines Berichtes, den die Berliner Zeitung jetzt einsehen konnte, kritisiert der Rechnungshof sechs besonders drastische Fälle von tarifrechtlichen Verstößen.Exklusives Interview mit Ex-„Tagesschau“-Planer: „Westdeutsch sind die Chefs, westdeutsch ist der Blick auf die Welt“Von Anja ReichPolitik17.01.2025Fall 1: Eine Mitarbeiterin bekam ein höheres Gehalt, als ihr zustand. Sie wurde mit der Entgeltgruppe 11 eingestellt, „ohne dass eine Bewertung ihres Arbeitsgebietes vorlag“ – also eine Einschätzung zur Wichtigkeit ihres Arbeitsgebietes. Fälschlicherweise wurden ihr zwölfeinhalb Jahre einschlägiger Berufserfahrung anerkannt – möglich sind aber nur maximal drei Jahre. Zu dieser „Berufserfahrung“ zählte eine Tätigkeit bei einer Organisation, die nichts mit ihrer jetzigen Arbeit zu tun hat. Als „Berufserfahrung“ wurden zudem zwei Elternzeiten von insgesamt 22 Monaten angerechnet.Fall 2: Im August 2019 wurde eine Mitarbeiterin als Bürokraft eingestellt. Die Auswahl im Stellenbesetzungsverfahren wurde mit dem Vorliegen eines bestimmten Studienabschlusses begründet, der jedoch nicht aktenkundig war. Es mangelte also am Nachweis der fachlichen Voraussetzungen für die zu besetzende Stelle. Andere Bewerber hatten diesen Nachweis. Die Mitarbeiterin wurde in die Entgeltgruppe 11 befördert, obwohl sie die herausgehobene Verwaltungsaufgabe, für die sie bezahlt wurde, erst 16 Monate nach ihrer Einstellung aufnahm.Fall 3: Eine Mitarbeiterin war lange in Entgeltgruppe 9 eingruppiert und stellte 2015 einen Antrag auf Gruppe 11. Nach sechs Jahren kam das Bezirksamt zu dem Schluss, dass Gruppe 11 zutreffend sei – und das seit 13 Jahren. Die Begründung war laut Rechnungshof weder nachvollziehbar noch aktenkundig.Wegen Unklarheit der Verjährungsfristen erkundigte sich der Bezirk bei der Senatsfinanzverwaltung. Diese teilte mit, dass eine Nachzahlung für maximal drei Jahre und vier Monate möglich gewesen wäre. Trotzdem wurden der Mitarbeiterin für sieben Jahre insgesamt 57.000 Euro nachgezahlt, obwohl 18.000 Euro den Verjährungszeitraum betrafen.Fall 4: Im August 2017 wurde eine leitende Mitarbeiterin eingestellt. Dafür waren ein bestimmter Studienabschluss und spezielle Berufserfahrung verlangt. Obwohl sie den Abschluss nicht hatte, bekam sie den Posten. Das Bezirksamt hatte gegen den Grundsatz der Bestenauslese verstoßen, obwohl weitere Bewerber vorhanden waren. Der Frau wurden zudem höhere Gehaltsstufen als Zulage vorweg gewährt.2020 bekam sie eine Leistungsprämie von 2400 Euro für „besondere Leistungen“ im Jahr 2019. Im März 2021 wurden für zwei Jahre rückwirkend die Laufzeiten für ihre Gehaltsstufen verkürzt, wegen „überdurchschnittlicher Leistungen“. Der Rechnungshof sieht darin eine unzulässige, doppelte Honorierung. Dann erhielt die Mitarbeiterin erneut eine Leistungsprämie von 2900 Euro ohne aktenkundige Begründung und eine erneute Stufenlaufzeit-Verkürzung – also noch eine doppelte Honorierung.Das Rathaus des Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg in der Yorkstraße.Sabine Gudath/imagoFall 5: Im März 2019 wurde ein Beschäftigter in herausgehobener Verwaltungsposition eingestellt. Er erhielt Entgeltgruppe 11, Stufe 4, weil er „einschlägige Berufserfahrung“ habe. Zuvor hatte er bei einem Bundestagsabgeordneten gearbeitet. Doch laut Rechnungshof war die einschlägige Berufserfahrung nicht durch Arbeitszeugnisse belegt.Im August 2020 erhielt der Beschäftigte eine Leistungsprämie von 3490,32 Euro. Begründet wurde dies mit nicht näher benannten Zusatzaufgaben. Im Oktober erhielt er zusätzlich eine Corona-Leistungsprämie von 500 Euro, die sich wiederum auf Zusatzaufgaben bezog. Ob es sich um unterschiedliche Sachverhalte handelte, konnte aufgrund der mangelhaften Begründung nicht nachvollzogen werden. Im Dezember erhielt er erneut eine Leistungsprämie von 3553,15 Euro ohne Begründung.Fall 6: 2016 wurde ein Mann als technischer Tarifbeschäftigter eingestellt. Eine einschlägige Berufserfahrung lag nicht vor. Später wurde ihm durch den Fachbereich die Vorbeschäftigung als einschlägig anerkannt, er kam in eine höhere Gehaltsgruppe. 2019 wurden ihm rückwirkend mehrere Gehaltsstufen zugewiesen. Dadurch entfielen sechs Jahre und elf Monate Stufenlaufzeit. Sachgerechte Begründungen fehlten in allen Fällen.Im Dezember nahm der Angestellte eine Woche lang an einer Fortbildung für Shiatsu-Massagen teil. Laut Rechnungshof wurde für diese Zeit weder Bildungsurlaub, Erholungsurlaub noch eine andere Abwesenheitsart in der Datenbank eingepflegt. Der Rechnungshof geht daher von einer bezahlten Freistellung aus.Kinderladen sorgt sich um Geschäft – Verstopft der Kiezblock bald die Frankfurter Allee?Von Jule DamaskeBerlin13.01.2025 CDU fordert gescheiterte Bewerber auf, gegen Ablehnung zu klagen Vor einigen Tagen stellten die Kreuzberger CDU-Abgeordneten Kurt Wansner und Timur Husein Strafanzeige gegen Unbekannt wegen des Verdachts des Betrugs und der Untreue. „Nachdem der Rechnungshof schon die Vorarbeit geleistet hat, erwarten wir von der Staatsanwaltschaft konsequente Ermittlungen“, sagt Timur Husein. Er und Wansner erwarten vom Bezirksamt, dass es die benachteiligten Bewerber informiert, die „offensichtlich rechtswidrig“ nicht berücksichtigt worden seien. „Diese sollten klagen und Schadenersatzansprüche geltend machen“, empfehlen sie.Mit den gravierenden Ungereimtheiten bei der Eingruppierung und der Zulagengewährung befassen sich inzwischen auch die Senatsverwaltung für Inneres und die Senatsfinanzverwaltung. Von der Innenverwaltung erwartet der Rechnungshof, dass Maßnahmen der Bezirksaufsicht geprüft werden. „Dieser Erwartung kommen wir selbstverständlich nach“, sagte der Innenstaatssekretär Christian Hochgrebe (SPD) im Dezember im Innenausschuss.In jener Sitzung bezeichnete Vasili Franco von den Grünen die Unterstellung der CDU, man habe die Stellenbesetzungen und Prämiengewährungen nach Parteibuch vorgenommen, als falsch und unredlich.Der Kreuzberger CDU-Abgeordnete Kurt Wansner arbeitete selbst lange Jahre im Bezirksamt.Stefan Zeitz/imago Bürgermeisterin Clara Herrmann verspricht eine verbesserte Dokumentation Die Frage der Berliner Zeitung, ob denn die Stellen „nach grünem Parteibuch“ besetzt wurden, lässt die Pressestelle des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg unbeantwortet. Sie schickt die protokollierten Antworten, die Bürgermeisterin Clara Herrmann (Grüne) in der Bezirksverordnetenversammlung gegeben hat. Dort betonte Herrmann, dass von den insgesamt 231 beanstandeten Fällen aus 170 Akten „aus Sicht des Bezirksamts 42 entkräftet“ werden konnten – knapp 20 Prozent. Clara Herrmann untersteht die „Serviceeinheit Personal“ – so wie ihrer Vorgängerin Monika Herrmann (Grüne), die von 2013 bis 2021 Bürgermeisterin des Bezirks war.Monika Herrmann (Bündnis 90/Die Grünen) war von 2013 bis 2021 Bezirksbürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg.Christoph Soeder/dpaHerrmann räumte ein, dass amtsübergreifend in allen Abteilungen Fehler passiert seien, die der Rechnungshof zu Recht rüge. Sie sagte: „Auf Versäumnisse haben wir bereits reagiert, auch Maßnahmen getroffen, die Vermeidung weiterer Versäumnisse entgegenwirken sollen.“ Unter anderem sollen für Personalmaßnahmen verbindliche Vordrucke genutzt werden, um eine präzisere Dokumentation sicherzustellen. Für Personalmaßnahmen soll es standardisierte Prozesse geben, etwa wenn Laufzeiten von Gehaltsstufen verkürzt werden sollen.Zudem soll die schriftliche Dokumentation von Entscheidungen verbessert werden. Geplant sei auch die Einführung eines Berichtswesens, das regelmäßig die zu bewertenden Arbeitsgebiete abgleicht, um fehlerhafte Bewertungen schneller zu identifizieren, so Herrmann.Berlin gibt sich auf: Es ist längst Zeit für die Kettensäge!Von Andreas KopietzBerlin30.12.2024 Kurt Wansner: Manche sind nicht im Ansatz in der Lage, zu arbeiten Laut der Bürgermeisterin betrifft es in allen Fällen Aufgaben, in denen „sehr spezifisches Fachwissen“ beziehungsweise besondere Qualifikationen erforderlich seien, für die das Bezirksamt auch aufgrund der im Vergleich zur freien Wirtschaft niedrigen Bezahlung nur schwer Fachkräfte gewinnen könne.Herrmann verwies auch darauf, dass grundsätzlich alle Personal-Einzelmaßnahmen den Beschäftigtenvertretungen vorgelegt würden. Ausnahme sei eine einzige Maßnahme, für die die Beteiligung versäumt und die durch den Rechnungshof korrekterweise bemängelt wurde.„Genau diese Beschäftigtenvertretungen haben aber dabei mitgemacht, dass das Bezirksamt seine Stellen nicht nach fachlichen Kriterien besetzt, sondern nach Parteibuch“, sagt Wansner. „Und es ist kein Geheimnis, dass es im Bezirksamt bei den Beschäftigten Unruhe darüber gibt, wie die Positionen besetzt worden sind. Es kommt deshalb zu Unruhe, weil manche neu eingestellten Kollegen nicht im Ansatz in der Lage sind, ihre Arbeit auszuführen.“Empfehlungen aus dem BLZ-Ticketshop:Tutanchamun Ausstellung in Berlin! Für die immmersive Show hier die Tickets!Berlin05.09.2023Sechstagerennen Sixdays Weekend 2025 in Berlin: Tickets 31.1.-1.2. hier!Berlin13.07.2023E-commerce Berlin Expo 2025 am 19./20.02.25 in der STATION. Kostenlose Tickets!Berlin10.02.2023Show „Rock Meets Classic 2025“ kommt am 20.04.25 nach Berlin! Tickets hier!Berlin30.09.2023Klassik Konzerte in Berlin 2025 und die Tickets dazu finden Sie hier!Berlin01.08.2023Veranstaltungen im Januar 2025 in Berlin: Shows, Konzerte, Touren, Tickets!Berlin17.01.2025 Lesen Sie mehr zum Thema BerlinCDUArbeitswelt und AusbildungFriedrichshain-KreuzbergWirtschaftBezirksamt Friedrichshain-KreuzbergClara HerrmannKurt Wansner