HomeKulturGenrefluides Fantasy Filmfest „White Nights“ im Zoo-Palast: Wenig Horror, mehr zum Lachen Genrefluides Fantasy Filmfest „White Nights“ im Zoo-Palast: Wenig Horror, mehr zum Lachen Am Wochenende finden im Berliner Zoo-Palast die „White Nights“ statt. Unser Autor hat das Programm schon letzte Woche in Hamburg gesehen. Das sind die Highlights und Flops.Anselm Neft29.01.2025 13:20 UhrDead Talents SocietySony Pictures Internation ProductionsManchmal unterhalten sich Filmfans wie in einem Sketch von Loriot: „Früher war mehr Horror“, höre ich einen Stammgast des FFF im Foyer des Savoy-Kinos am Hamburger Steindamm sagen. Und andere pflichten ihm bei. Dieses Jahr stehen vor allem Filme auf dem Programm, die sich nicht leicht einem Genre zuordnen lassen. Am ersten Februarwochenende kann man sich im Berliner Zoo-Palast davon überzeugen.Da ist zum Beispiel „Companion“, das beeindruckend sichere Regiedebüt von Drew Hancock. Ist das eine schwarze Komödie? Eine SF-Dystopie? Ein Rape-and-Revenge-Thriller? Oder doch auch bisschen ein Horrorfilm? Egal, das Publikum applaudiert beim Abspann. Denn auch wenn der Film auf einer Makroebene nichts Neues erzählt, auf der Mikroebene punktet er mit vielen guten Ideen, gelungenen Gags und überraschenden Wendungen. Wie Drew Hancock in einem kleinen Einspieler vor dem Film zum Publikum sagt: Am besten geht man ohne jegliche Infos in den Film und lässt sich einfach überraschen. Nur so viel sei verraten: Sophie Thatcher beweist hier endgültig, was für eine gute Schauspielerin sie ist!Eröffnungsfeier der Berlinale 2025: Ohne Redebeiträge von Roth und WegnerKultur21.01.2025Was ist mit Papa? „Wolf Man“ führt die Werwolf-Kinotradition weiterKultur22.01.2025Auch bei „Presence“, dem neuen Film von Steven Soderbergh, lässt sich das Genre nur schwer benennen. Zwar ist der Film aus der Perspektive eines Geistes gedreht, dabei aber mehr Familiendrama als Geisterfilm. Leider fand ich 50 Prozent der vierköpfigen Familie ziemlich unsympathisch und den Film visuell wenig reizvoll. Der Gespensterblick nutzt sich schnell ab und ist ohnehin nicht unheimlich oder besonders erhellend.Immerhin trägt die sparsam eingesetzte melancholische Musik zur Atmosphäre des Independent-Films bei. Und eine nicht zur Familie gehörende Figur bringt auch gut gespielte und unangenehme Spannung in die Story, die über weite Strecken ernüchternd alltagsnah daherkommt. Kein Crowdpleaser wie „Companion“, aber immerhin ein interessanter Film, über den es sicher geteilte Meinungen geben wird. Hemmungslos alberner und süßer Horror Das Kontrastprogramm zum ruhigen „Presence“ ist der bunte, schnelle, laute und oft hemmungslos alberne „Dead Talents Society“ aus Taiwan. Regisseur John Hsu hat hier eine originelle Horrorkomödie geschaffen, in der die Geister Verstorbener um Ruhm oder zumindest Anerkennung konkurrieren. Tote, die nicht genug spuken, geraten nämlich bald in Vergessenheit und lösen sich dann ganz auf. Das aber will niemand. Tote wollen wie Lebende gesehen werden!Pech nur, wenn man wie die namenlose junge Heldin so gar kein Talent zum Erschrecken hat. Schnelle Schnitte, Overacting und ein Comedy-Verständnis wie in den deutschen 1980ern, als man mit naiver Energie den Blödsinn gefeiert hat, prägen diesen Film. Das ist gerade in der Originalversion mit Untertiteln nicht unanstrengend, aber viele der Gags zünden, die Referenzen zu asiatischen Horrorfilm-Stereotypen unterhalten und die Leidenschaft aller Beteiligten steckt an. Eine große Stärke des Films sind die sympathischen Figuren, die trotz des Klamauks und Gesplatters auch Gefühle von Rührung und Ergriffenheit ermöglichen. Am Ende ist „Dead Talents Society“ ein wirklich charmanter und süßer Film, der einen mit warmen Gefühlen entlässt.Das kann man nicht von „MadS“ sagen, dem einzigen richtigen Horrorfilm des Festivals, wie manche im Foyer meinen. Der Franzose David Moreau hat mit „Them“ (2006) und einem Remake des Hongkonger Gruselfilms „The Eye“ (2008) schon gute Genrebeiträge geliefert. Entsprechend gespannt waren viele darauf, was er für einen Film nach 16 Jahren Horrorpause gedreht hatte. Cineastische Glanzleistung oder sexistischer Mumpitz „MadS“ ist ein One-Take-Film, wurde also wie „Victoria“ als eine einzige zusammenhängende Szene in Echtzeit gedreht. Ein ambitioniertes Unterfangen, das bei mir leider tendenziell die motion sickness triggert. Viel mehr gestört aber haben mich die jungen Menschen in diesem Film, die rumheulen, schreien, koksen, irgendwelche polyamourösen Blödeleien am Laufen haben und die ganze Zeit so anstrengend aufgeregt und selbstbesoffen sind, wie es nur die Franzosen (in Filmen) hinbekommen.Als dann irgendwann zwei Frauen auf einem Motorrad sitzen und die hintere ihr Blut auf der Fahrerin verteilt und dabei auch ihre nackten Schenkel einreibt und das Ganze ewig lang dauert, wusste ich: Hier scheiden sich die Geister. Die einen werden Momente wie diesen als cineastische Glanzleistung loben, andere von prätentiös-sexistischem Mumpitz reden. Ich muss zugeben, dass „MadS“ als 90-minütige Verfilmung einer drogeninduzierten Panik in Erinnerung bleiben wird und obendrein einen coolen Soundtrack hat. Aber die Aufgeregtheit des Films hat mich insgesamt eher genervt als gefesselt.Leider gilt das auch für den norwegischen Horrorthriller „Above the Knee“, der eine interessante Prämisse hat, aber sich in seinen Mitteln und Mustern zu sehr wiederholt und am Ende zu wenig abliefert. Besser war da der zurückhaltende spanische Gruselfilm „The Wailing“, der allerdings mehr Fragen aufwirft als zu beantworten. Und so war nach dem Film beim Publikum eher Ratlosigkeit als Begeisterung zu spüren.Berlinale 2025: Diese Stars kommen, diese 19 Filme laufen im WettbewerbKultur21.01.2025Andere Filme des Festivals kamen da vergleichsweise bodenständig daher: „I, the Executioner“ ist ein solider koreanischer Action-Krimi, der recht brutal und düster ist, ansonsten aber handelsüblich wirkt. Fesselnder wirkte der belgische Thriller „Night Call“, der einen jungen Schwarzen durch Zufall ins Visier einer kriminellen Organisation bringt. Aber auch die Polizei ist dem sympathischen Schlüsseldienstmitarbeiter bald auf den Fersen und der Film fast schneller vorbei, als man Luft holen kann.„Black lives matter“? Schön wär’s! „The Surfer“ mit Nicolas Cage zeigt diesen zwar wieder im berüchtigten Rage-Mode mitsamt dem für Cage typischen Overacting, ist ansonsten aber mehr Drama als Thriller oder Actionfilm. Dabei steigern sich die Spannung und der Wahnsinn in dem gut inszenierten Film zunehmend, und Cage erhält viel Gelegenheit, seine Fans zu begeistern. „To surf is to suffer.“Horror- und Slasher-Film „Terrifier 3“: Wer guckt sich so etwas an?Von Anselm Neft13.10.2024Als Festivalabschluss stand noch Ryan Krugers „Street Trash“ auf dem Programm, ein in der Zukunft spielendes Sequel zum kultigen Exploitation-Film „Street Trash“ aus dem Jahr 1987. Bald sagte mein Nebenmann: „Wow, Wahnsinn, wie gut die hier die Stimmung der 1980er einfangen.“ Und es war wirklich verblüffend: Wo hatten die all die authentischen Autos, Gebäude und Visagen her? Die Auflösung kam nach etwa 20 Minuten durch den Veranstalter: „Sorry, wir haben den Original-Street-Trash eingelegt. Wer jetzt gehen will, bekommt sein Geld natürlich zurück.“ Höchstens fünf Menschen nutzten dieses Angebot, der Rest freute sich an einem besonders geschmacklosen, aber auch originellen Film.Fantasy Filmfest White Nights. 1. und 2. Februar im Zoo-Palast, Karten und Infos unter fantasyfilmfest.com Lesen Sie mehr zum Thema KulturKino & StreamingTaiwanBerliner ZooHamburgVicco von BülowSteven Soderbergh