HomeGasspeicher-Krise in Europa spitzt sich zu: „Brauchen noch 350 LNG-Ladungen“ Gasspeicher-Krise in Europa spitzt sich zu: „Brauchen noch 350 LNG-Ladungen“ Die sich schnell leerenden Gasspeicher sorgen derzeit für Unruhe in Europa. Der Energieversorger Equinor fordert mehr LNG. Reibt sich Trump schon die Hände?Flynn Jacobs14.02.2025 15:51 UhrEuropa könnte zur Füllung seiner leeren Gasspeicher in Zukunft mehr LNG aus den USA importieren.Stefan Sauer/dpaMitten im kalten Winter wird die Gasversorgung in Europa zum Problem. Die Erdgaspreise an der Börse sind auf dem höchsten Stand seit zwei Jahren und fast viermal höher als in den USA. Der Gasverbrauch ist jedoch durch niedrige Temperaturen und windstille Tage verhältnismäßig hoch. Dadurch leeren sich die Gasspeicher derzeit sowohl in der EU als auch in Deutschland so schnell wie seit Jahren nicht.Unter anderem durch den Stopp des Ukraine-Transits und fehlende Gaslieferungen aus Russland ist die EU zunehmend auf den Import von Flüssigerdgas (LNG) angewiesen. Laut Daten der Denkfabrik Bruegel explodierten die Einfuhren von amerikanischem LNG in die EU im Januar 2025 förmlich um mehr als die Hälfte von 4,23 auf 6,64 Millionen Kubikmeter.Doch das reicht offenbar nicht aus, um die Speicher ausreichend zu füllen. Europa brauche „250 bis 350 LNG-Ladungen zusätzlich“, um seine Reserven wieder aufzufüllen, forderte Helge Haugane, Abteilungsleiter für Gas und Strom beim norwegischen Unternehmen Equinor, im Bloomberg-Interview auf der E-World in Essen. Werden jetzt auch deutsche Händler mehr LNG aus den USA importieren?Der Gasverbrauch in Europa ist derzeit auf einem verhältnismäßig hohen Niveau. Das spiegelt sich auch in den steigenden Gaspreisen wider.Grafik: BLZ. Quelle: Gas Infrastructure Europe Gasspeicher leeren sich schnell – Habecks Subvention sorgt für Kritik Die Gasspeicher in Europa sind laut Daten von Gas Infrastructure Europe gegenwärtig mit etwa 46 Prozent nicht mal mehr zur Hälfte gefüllt (Stand: 12. Februar 2025), verglichen mit rund 66 Prozent zum gleichen Zeitpunkt im Vorjahr. Tatsächlich gibt es bei der Gasspeicherung derzeit unerwartete Probleme. Die Händler nutzen normalerweise Sommerverträge zur Speicherung, bei welchen das Gas in der Regel günstiger ist, um es dann im Winter profitabel verkaufen zu können.Gasspeicher-Krise: Habecks Ministerium prüft Alarmstufe für DeutschlandAmpel-Koalition24.01.2025Gaspreise explodieren: Darauf müssen sich Berliner 2025 einstellenWohnen06.12.2024Diese Sommerverträge sind derzeit allerdings sogar teurer als die Winterverträge. Während die Sommerverträge Anfang 2024 im Schnitt noch knapp drei Euro pro Megawattstunde billiger waren als die Winterverträge, sind sie laut Daten des Finanzdienstleisters Intercontinental Exchange (ICE) momentan mehr als zwei Euro teurer. Durch die hohen Sommerpreise haben die Händler wenig Anreiz, vor dem Winter 2026 Gas zu lagern, da sie Geld verlieren würden.Der sogenannte Sommer-Winter-Spread hat sich zudem scheinbar auch durch eine von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) geplante Subvention zur Befüllung der Gasspeicher mit dem Unternehmen Trading Hub Europe (THE), dem Marktgebietsverantwortlichen (MGV) im deutschen Gasmarkt, noch weiter verschärft. Mit der Subvention sollen die Händler für das unrentable Geschäft der Speicherung im Sommer entschädigt werden. Eine solche Subvention werde die Sommerpreise im Vergleich zu den Winterpreisen allerdings noch mehr verteuern, kritisierte James Waddell, Leiter für europäisches Gas und globales LNG beim britischen Analyseunternehmen Energy Aspects Ltd. Gasspeicher-Gesetze der EU beeinflussen Gaspreise negativ Für eine zusätzliche Erhöhung der Gaspreise sorgen zudem die von der EU gesetzlich vorgegebenen Füllstandsvorgaben (90 Prozent zum 1. November jedes Jahres), da die Händler wissen, dass Europa zur Erreichung dieser Vorgaben das Gas ohnehin importieren muss – unabhängig vom Preis. Eine deutliche Erhöhung der LNG-Importe ist laut Helge Haugane daher „entscheidend, um die Lager im Sommer wieder aufzufüllen“.Der deutsche Gasimporteur Sefe (ehemals Gazprom Germania) erklärt, dass man als Unternehmen die Aufgabe habe, eine sichere Energieversorgung in Deutschland bezahlbar zu gewährleisten. Das entsprechende Portfolio umfasse „sowohl Pipeline-Erdgas als auch LNG aus verschiedenen Quellen und von unterschiedlichen Lieferanten wie den USA, Europa, dem Nahen Osten und Ostafrika“, sagt eine Sprecherin auf Anfrage der Berliner Zeitung. Sefe importiert auch LNG aus Russland in die EU.Trotz Ukrainekrieg: Berliner Gashändler verfünffacht Importe von russischem LNGVon Flynn JacobsWirtschaft29.01.2025Einem Bericht der Deutschen Umwelthilfe (DUH) zufolge haben sich die Mengen im vergangenen Jahr sogar um 58 russische LNG-Ladungen in die EU im Vergleich zu zwölf Ladungen im Jahr 2023 versechs- beziehungsweise in physischen Mengen verfünffacht. Der Gaskonzern hat eigenen Angaben zufolge noch einen Altvertrag über LNG-Lieferungen mit dem russischen Lieferanten Yamal Cargo. „Da Europa keine Sanktionen gegen den Import von russischem LNG nach Europa verhängt hat, gibt es derzeit keine rechtliche Grundlage für die Kündigung oder Aussetzung dieses Altvertrags“, erklärt die Sprecherin. Sefe liefere allerdings „kein russisches LNG nach Deutschland“, betont sie. LNG aus den USA deckt knapp 13,5 des Energiebedarfs in Deutschland Nach aktuellen Angaben der Bundesnetzagentur decken LNG-Lieferungen etwa acht Prozent der gesamten deutschen Gasimporte. Laut Daten von Gas Infastructure Europe hatte LNG aus den USA im vergangenen Jahr somit einen Anteil von knapp 13,5 Prozent am gesamten Erdgasbedarf in Deutschland. Der Frage, ob Sefe angesichts der angespannten Gasspeicher-Situation nun noch mehr LNG – vor allem aus den USA – importieren werde, weicht die Sprecherin aus: „Sefe wird die Breite ihres Portfolios nutzen, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten.“ Zu Volumen, Preisen oder Zahlungen wolle man als Unternehmen jedoch keine Angaben machen, sagt sie.Auch der Ende 2022 verstaatlichte deutsche Gaskonzern Uniper erklärt auf Anfrage, dass jedes zusätzliche Molekül für Deutschland willkommen sei – sowohl aus Gründen der Versorgungssicherheit als auch wegen einer möglichen preisdämpfenden Wirkung. „Wir haben daher immer wieder betont, dass wir bereit sind, mehr LNG – aus den USA oder anderen Regionen – nach Deutschland zu bringen“, sagt ein Sprecher.Der Gasbezug solle jedoch aus möglichst unterschiedlichen Regionen und Ländern kommen, um spezifische Abhängigkeiten zu vermeiden. Auch wenn Uniper der größte Anbieter von Erdgasspeicheranlagen in Deutschland sei, hänge die Befüllung der Speicher „an der Bereitschaft der Erdgashandelsunternehmen, verfügbare Erdgaskapazitäten in den Speichern zu buchen“. Diese sei allerdings durch den Sommer-Winter-Spread „gering“.Russland bedroht deutsche LNG-Tanker: Gaskonzern Uniper will „Risiko minimieren“Ukraine13.01.2025Nach Aus des Ukraine-Transits: Deutschland findet Ersatz für russisches Gas in RumänienUkraine08.01.2025 Scholz befürwortet Trumps LNG-Offensive: „Wäre gut für Deutschland“ Der amerikanische Präsident Donald Trump dürfte sich über die Ankündigungen der deutschen Gaskonzerne zu mehr LNG-Importen freuen. Trump will mit einer groß angelegten LNG-Offensive die Exportkapazitäten der USA in den nächsten fünf Jahren verdoppeln und der amerikanischen Wirtschaft dadurch einen Schub von rund 1,3 Billionen Dollar bescheren.Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) äußerte sich überraschend positiv zu Trumps Vorstößen. Die großen Ziele des US-Präsidenten bei fossiler Energie würden ein größeres Angebot auf dem Weltmarkt und entsprechend niedrigere Energiepreise bedeuten. Das wäre gut für Europa und Deutschland, meint Scholz. Einige Experten warnen jedoch davor, dass Trump Energielieferungen künftig an Bedingungen knüpfen und die Länder im Falle von ausbleibenden Importen mit Zöllen belegen könnte.Haben Sie Feedback? Schreiben Sie uns! briefe@berliner-zeitung.de