HomeBerlinBVG: Gewerkschaft Verdi droht Berlin mit unbefristetem Streik ab April BVG: Gewerkschaft Verdi droht Berlin mit unbefristetem Streik ab April Mit Spannung wird die nächste Verhandlungsrunde erwartet. Die BVG fordert Verdi auf, sich endlich zu bewegen, und warnt vor Leistungskürzungen. Kommt es zur Schlichtung?Peter Neumann19.03.2025 11:13 UhrDer erste Tag des vierten Warnstreiks bei der BVG: Auch der Eingang zum U-Bahnhof Berliner Straße in Wilmersdorf ist verschlossen. Bis Freitag, 3 Uhr, wird sich kein Rad bei der BVG bewegen.Markus Wächter/Berliner ZeitungEs ist ein Treffen, das mit großer Spannung erwartet wird – weil für Berlin und die Berliner viel davon abhängt. Im Streit um höhere Löhne für die rund 16.600 Beschäftigten der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) treffen sich die Arbeitgeberseite und die Gewerkschaft Verdi an diesem Freitag zu ihrer sechsten Verhandlungsrunde. Die BVG, die schon vier Angebote vorgelegt hat, fordert Bewegung von der Gegenseite, die von ihren Maximalforderungen bislang kaum abgerückt sei. Dagegen bekräftigt die Gewerkschaft, dass sie über einen unbefristeten Streik abstimmen lassen will, falls sich die BVG nicht weiter bewegt. Damit könnte Berlin ab April der Stillstand drohen.Kaum ein Berliner, der nicht mal auf die BVG schimpft. Doch wenn Bahnen und Busse nicht fahren, werden sie vermisst – wie jetzt wieder. Verdi hat für diesen Mittwoch und Donnerstag zum vierten Warnstreik in dieser Tarifrunde aufgerufen.U-Bahnen, Straßenbahnen und die meisten Linienbusse in der Hauptstadt stehen erneut 48 Stunden still. Immerhin ist ein Ende absehbar: Freitagfrüh soll beim größten kommunalen Nahverkehrsbetrieb Deutschlands der Verkehr wieder anlaufen. Dagegen hätte ein Erzwingungsstreik, wie es ihn zuletzt 2008 bei der BVG gab, kein festgelegtes Ende. Er kann so lange dauern, wie es die Gewerkschaft für nötig hält. Nun hat Verdi vor der nächsten Verhandlungsrunde die Ankündigung wiederholt, dass ein unbefristeter Streik die nächste Eskalationsstufe im Konflikt um den neuen Entgelt-Tarifvertrag sein könnte. Bei einer Urabstimmung müssten 75 Prozent der Teilnehmer zustimmen.Fahrgäste am Mittwochmorgen auf dem S-Bahnhof Schönholz. Die S-Bahnen und die Züge des Regionalverkehrs sind vom Verdi-Warnstreik nicht betroffen – aber zum Teil voller als sonst.Niklas Graeber/dpa„Ob es eine Urabstimmung geben wird, liegt am Angebot der BVG“, sagt Manuel von Stubenrauch, Straßenbahnfahrer und Mitglied der Verdi-Tarifkommission. „Sie haben es in der Hand.“ Auch Jeremy Arndt, Verhandlungsführer von Verdi, mahnt die Arbeitgeberseite, sich weiter zu bewegen. „Im Moment liegt die Wahrscheinlichkeit für eine Urabstimmung höher als für einen Abschluss“, schätzte der Gewerkschafter ein. „Entscheidend ist die Bewegung der Arbeitgeberseite beim Thema Grundgehalt.“Wie berichtet sind sich beide Seiten bisher nur bei der Laufzeit des neuen Entgelt-Tarifvertrags entgegengekommen. So erklärte sich der BVG-Vorstand bereit, dass die Vereinbarung 24 Monate gilt. Ursprünglich verlangte die Arbeitgeberseite 48 Monate, während Verdi erst nur zwölf Monate Laufzeit zugestehen wollte. Doch die anderen Streitpunkte konnten bislang nicht abgeräumt werden – darunter der kostspieligste.Zwei Tage Streik bei der BVG: Was die Fahrgäste in Berlin beachten müssenVon Peter NeumannBerlingestern Gewerkschaft fordert weiterhin 750 Euro mehr Lohn pro Monat – für alle Verdi verlangt seit Oktober 2024, dass die monatliche Grundvergütung für alle BVG-Beschäftigten um 750 Euro erhöht wird. Das Landesunternehmen will in seinem jüngsten Angebot die Hälfte zugestehen. Rückwirkend zum 1. Januar 2025 soll es 240 Euro für alle geben, ab März 2026 würden 135 Euro pro Monat dazukommen. Auch die jährlich ausgezahlte Weihnachtszuwendung sowie die Zulagen, zum Beispiel für den Fahrdienst, sollen steigen – aber ebenfalls nicht so stark wie von Verdi verlangt.Die von der BVG vorgeschlagenen Erhöhungen würden die Bezahlung in diesem Jahr um 10,2 Prozent verbessern. 2026 wären es 13,6 Prozent. Weil das Fahrpersonal Zulagen erhält, würde diese Gruppe der BVG-Beschäftigten stärker profitieren: mit 17,2 Prozent.  Bei einer Wochenarbeitszeit von 37,5 Stunden kämen im Schnitt rund 500 Euro pro Monat mehr auf dem Konto an. Wer die Möglichkeit wahrnimmt, pro Woche 39 Stunden zu arbeiten, bekäme 2026 sogar durchschnittlich 627 Euro mehr heraus, wirbt die BVG. Inklusive Zulagen, Zuschläge und der Weihnachtszuwendung würde der mittlere Monatslohn für Fahrer dann von rund 3400 auf mehr als 4000 Euro steigen, heißt es.Interner Bericht zeigt schonungslos: So schlecht geht es der BVG wirklichVon Peter NeumannVerkehr07.03.2025 Muss die BVG ihre Leistungen für die Fahrgäste kürzen? Das Gesamtvolumen des aktuell vorliegenden Angebots der BVG beläuft sich bei einer Laufzeit von 24 Monaten auf rund 250 Millionen Euro, teilt das Unternehmen mit.„Es ist höchste Zeit, dass die Gewerkschaft endlich auch Lösungsansätze und Kompromisse an den Tisch bringt, statt weiter auf Maximalforderungen zu beharren. Wir sind viermal auf die Gewerkschaft zugegangen. Kompromisse können nicht nur von einer Seite erwartet werden. Verhandeln heißt, aufeinander zuzugehen – für unsere Mitarbeitenden, das Unternehmen und die Fahrgäste“, sagt Jenny Zeller-Grothe, BVG-Vorständin für Personal und Soziales, am Mittwochmittag.Mit dem vierten Angebot sei man an die Schmerzgrenze gegangen, so die BVG. Verdi fordere unverändert 30 Prozent mehr Lohn – das sei wirtschaftlich nicht leistbar. Der Personalaufwand würde von 45 auf 60 Prozent steigen, heißt es am Mittwoch. Bei gleicher Leistung für die Fahrgäste ließe sich die Kostenerhöhung nicht stemmen.Das Unternehmen ließ offen, ob es am Freitag eine fünfte Offerte vorlegt. Hinter den Kulissen hieß es, dass man ein Scheitern der Tarifverhandlungen für möglich hält.Dabei sei die BVG weiter bereit, mit Verdi zu sprechen. Ursprünglich war für den 10. April ein Reservetermin vereinbart worden. Doch Verdi machte deutlich, dass das Treffen am Freitag das vorerst letzte sein soll – und dass das 40-Tage-Ultimatum am 21. März endet. An einer Urabstimmung für einen unbefristeten Streik dürfen nur Mitglieder von Verdi teilnehmen. Nur sie würden Streikgeld bekommen, alle anderen Mitarbeiter gingen leer aus.48 Stunden BVG-Streik – darf er verboten werden? Fachanwalt klärt aufVon Peter NeumannVerkehr19.02.2025 Nächste Verhandlungsrunde am Freitag: So sieht der Zeitplan aus Die fünfte Verhandlungsrunde soll am 21. März um 10 Uhr beginnen. Sie ist bis 17 Uhr terminiert. Wie zu hören ist, hat Verdi die Sitzung der Tarifkommission erst für 18 Uhr anberaumt. Sie wird darüber beraten, wie sie den Verhandlungsstand und ein etwaiges neues BVG-Angebot bewertet. „Vor 20 Uhr wird es bestimmt kein Ergebnis geben“, hieß es zuletzt. Als wahrscheinlich gilt, dass die Tarifkommission wie bisher erneut eine „Rückkopplung“ beschließen wird. Die Hofverantwortlichen von Verdi schwärmen aus, um die BVG-Belegschaft zu befragen, wie es weitergehen soll.Diesmal wird die Frage lauten: Urabstimmung über einen unbefristeten Streik bei der BVG – oder nicht? „Die Rückkopplung wird wahrscheinlich bis Mitte nächster Woche gehen“, sagte Jeremy Arndt. Dann wird die Verdi-Tarifkommission erneut zusammenkommen und einen Beschluss fassen – der bislang dem Votum folgte.Wäre eine Schlichtung durch unabhängige Fachleute für den BVG-Tarifkonflikt eine Möglichkeit? Es wäre der erste Tarifstreit bei dem größten Landesunternehmen, bei dem ein solches Verfahren durchgeführt werde. Jeder Verhandlungspartner könne eine Schlichtung vorschlagen, heißt es bei der BVG.Dazu verhält sich die Gewerkschaft derzeit abwartend. „Über eine Schlichtung müssten wir intern erst mal diskutieren“, teilte Verhandlungsführer Arndt mit. „Eine Schlichtung sehe ich jetzt noch nicht, da wir ja noch verhandeln“, so von Stubenrauch. Ein anderer Gewerkschafter zeigt sich offen für diese Art der Streitbeilegung: „Eine Schlichtung wäre denkbar. Stellt sich nur die Frage, wer aus Gesellschaft und Politik infrage kommt … Gregor Gysi eventuell.“Streiks bei der BVG: Darum werden die Fahrgäste nicht entschädigtVon Peter NeumannVerkehr27.02.2025 „Wir stellen fest, dass die Kollegen den Laden richtig brennen sehen wollen“ Die bisherigen Rückkopplungen hätten gezeigt, dass ein „gefestigtes Feindbild“ entstanden ist, berichtete der Verdi-Mann. Die Kollegen hätten etwas gegen den Senat und das BVG-Management. „Wir stellen fest, dass die Erwartungen sehr hoch sind. Ich weiß, dass alle Kollegen auf einen unbefristeten Streik hinfiebern und den Laden richtig brennen sehen wollen“ Das habe nicht nur damit zu tun, dass Berlin im Ranking der 18 Nahverkehrs-Tarifverträge in Deutschland auf Platz 18 steht, was den Einstiegslohn für Fahrer anbelangt. Die Auseinandersetzung um den Mantel-Tarifvertrag, der vor allem die Arbeitsbedingungen regelt, habe 2024 „suboptimale Ergebnisse“ erbracht – zum Beispiel bei den Aufenthaltszeiten an den Endstellen, die als Pausen wichtig sind.Der Gewerkschafter sieht BVG-Personalvorständin Zeller-Grothe in der Bredouille. Die Managerin hat mehrmals darauf hingewiesen, dass ein Tarifabschluss auch die wirtschaftliche Situation des Unternehmens berücksichtigen müsse – und die sei jetzt schon prekär. „Sie wird diese Tarifrunde vielleicht überleben“, sagte er. Aber langfristig wird der zu erwartende Abschluss enorme Finanzierungsprobleme verursachen.„Der Senat wird keinen Cent bezahlen“, so der Verdi-Mann. Schon nach dem jüngsten Tarifabschluss habe der Senat Unterstützung zugesagt – nichts sei gekommen. „Dann warten da noch die richtigen Probleme des Unternehmens. Ein Bereichsleiter nach dem anderen geht, und den Scherbenhaufen übernimmt keiner“, sagt er der Berliner Zeitung.  Der Betrieb stünde auf der Kippe – und damit auch das Angebot für die Fahrgäste.Sie haben zuletzt im vergangenen Jahr miteinander verhandelt – damals über einen neuen Manteltarifvertrag: Jenny Zeller-Grothe, BVG-Vorständin für Personal und Soziales, und Jeremy Arndt von Verdi.VerdiAuch der Verband Changing Cities sieht den rot-schwarzen Senat in der Pflicht. „BVG-Mitarbeitende verdienen nicht nur besseren Lohn und bessere Arbeitsbedingungen. Berlin verdient auch staufreie Busspuren und höhere Taktungen“, kommentierte Sprecherin Ragnhild Sørensen. Die Stadt müsse die „jahrzehntelange fehlgeschlagene Verkehrspolitik über Bord werfen und neue Prioritäten setzen. Statt Millionen in den Weiterbau von A100, in TVO oder Schlangenbader Tunnel zu verschwenden, brauchen wir gute Alternativen zu Fuß, mit dem Rad, Bus und Bahn. Guter ÖPNV ist teuer, ja, aber den autozentrierten Verkehr weiterzuverfolgen, kostet weit, weit mehr.“„Das ist eine Katastrophe“: Streik in Berlin – wie Ladenbesitzer durch den Ausfall der BVG-Kunden leidenVon Stella TringaliBerlinheute „Das Maß ist voll“: Unternehmensverbände kritisieren Verdi Der stellvertretende Hauptgeschäftsführer der Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg (UVB), Andreas Schulz, kritisierte die Gewerkschaft. „Das Maß ist voll. Mit dem erneuten Warnstreik bei der BVG überzieht Verdi deutlich. Ein so weitreichender Ausstand ist nicht verhältnismäßig“, so Schulz. Die Gewerkschaft belaste die Berliner Wirtschaft, die sich ohnehin in schwierigem Fahrwasser befindet, über Gebühr.„Wenn Beschäftigte zwei Tage in Folge nicht oder nur mit Verspätung zur Arbeit kommen, entstehen ihren Betrieben Schäden in Millionenhöhe. Auch gegenüber den Menschen, die ohne den ÖPNV ihren Alltag nicht bestreiten können, sind die Serienstreiks von Verdi rücksichtslos. Die Gewerkschaft sollte sich dringend um eine faire Einigung am Verhandlungstisch bemühen, statt den Konflikt weiter zu eskalieren“, so der UVB-Vize. Lesen Sie mehr zum Thema BerlinVerkehrPolitikBVGWirtschaftKonfliktMobilität & InfrastrukturVereinte DienstleistungsgewerkschaftWarnstreikJeremy Arndt

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert