Wenn die SPD klug ist, zwingt sie ihren Gegnern einen Friedenswahlkampf auf

HomeWenn die SPD klug ist, zwingt sie ihren Gegnern einen Friedenswahlkampf auf Wenn die SPD klug ist, zwingt sie ihren Gegnern einen Friedenswahlkampf auf Olaf Scholz hat seine Kandidatur durchgedrückt, er hält auch an seiner Zaudertaktik fest. Zu Recht. Die Wähler werden es ihm danken. Ein Kommentar.Thomas Fasbender03.12.2024 03:39 UhrBundeskanzler Olaf Scholz in Kiewwww.imago-images.deNach Gesang und Tanz sowie dem Einzug der jungen Generation in Frack und Abendkleid heißt es beim Wiener Opernball traditionell: Alles Walzer. Mit Blick auf die Bundestagswahl in weniger als drei Monaten lässt sich paraphrasieren: Alles Wahlkampf. Bis zum 23. Februar.Die durch den vorgezogenen Termin geschrumpfte Frist erlaubt keinen Wahlkampf der leisen Töne. Jetzt heißt es, in den paar Wochen Punkte machen. Methode Holzhammer, lautstark Pflöcke einschlagen und nur wenige, dafür mobilisierende Themen besetzen. Die FDP ist mit Termini wie D-Day und Feldschlacht vorgeprescht.Olaf Scholz (SPD), der seine Kandidatur stur und bewährt selbstüberzeugt durchgedrückt hat, wird seine Partei zum „weiter so“ in der Ukrainepolitik verpflichten. Mit anderen Worten: Maß und Mitte statt Feldschlacht und Taurus. Die Stimmung in der Bevölkerung kommt ihm entgegen. Die Angst vor militärischen Auseinandersetzungen mit deutscher Verwicklung ist auf fast 50 Prozent gestiegen, und deutlich weniger als die Hälfte der Befragten befürwortet weitere Waffenlieferungen an die Ukraine.Ukrainische Soldaten flüchten von der Front: „Ganze Gruppen verlassen ihre Einheiten“Russland25.11.2024Oskar Lafontaine: In dieser SPD wäre Willy Brandt mit Sicherheit nicht29.10.2024 Kriegsskeptische Grundstimmung Dabei geht es nicht nur um die Angst vor einem möglichen Atomkrieg. Ohnehin ist die nukleare Eskalation durch Russland trotz aller Drohgebärden aus Moskau kaum wahrscheinlich. Das gilt aber nicht für konventionelle Eskalationen. Die Meldungen zu britisch-französischen Gesprächen über mögliche Truppenentsendungen sprechen für sich.Es ist die kriegsskeptische Grundstimmung, aus der die SPD in der Auseinandersetzung mit der Union und den Grünen Kapital schlagen kann. Beide Parteien propagieren einen ukrainischen Sieg, also die Befreiung der seit 2014 von Russland annektierten oder besetzten Territorien. Für diesen Kurs stehen die Führungsmannschaften und die Mehrheit der Mitglieder und Wähler. Erst vor wenigen Tagen hat Friedrich Merz (CDU) für seine Regierung ein Ultimatum angekündigt: Entweder Russland stoppt die Angriffe auf zivile ukrainische Infrastruktur oder er gibt, für den Fall seiner Kanzlerschaft, Taurus frei.Beide Parteien sind auch die großen Gegner der Sozialdemokraten. Das SPD-Horrorszenario am Abend des 23. Februar ist ein Platz hinter den Grünen und damit der Durchmarsch (sofern die Gesamtkonstellation es erlaubt) der schwarz-grünen Koalitionäre. Also wird die SPD gegenhalten und Schwarz-Grün als „Kriegskoalition“ brandmarken. Kein zweites Thema ist auch nur annähernd geeignet, beide gegnerischen Parteien ähnlich in Schach zu halten. Wahlkampf nach der Devise: „Wer Union oder Grüne wählt, nimmt den Krieg zumindest in Kauf.“Die Rettung demzufolge: eine starke SPD in einer Groko alten Stils. Die Friedenslogik erfüllt noch einen weiteren SPD-Zweck – sie raubt dem BSW Stimmen. Wie man das den Wählern verkauft: Scholz sorgt als getreuer Olaf seit fast drei Jahren dafür, dass Deutschland nicht noch tiefer in den vermaledeiten Konflikt hineingerät. Sahra Wagenknecht mag der schönere Friedensengel sein, aber sie ist eisig, unbewährt und unberechenbar.Olaf Scholz in Begleitung des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj bei seinem Überraschungsbesuch am Montag in Kiew.AFPIn den Zusammenhang gehört auch die Reise des Bundeskanzlers in die ukrainische Hauptstadt Kiew zu Wochenbeginn, ebenso das jüngste Telefonat mit dem russischen Präsidenten. Beides signalisiert: Ich unterstütze die Ukraine bei ihrer Verteidigung, bei Verhandlungen und beim Wiederaufbau. Nicht hingegen bei ihrem „Siegesplan“, der die Befreiung von rund 110.000 Quadratkilometern ukrainischen Territoriums vorsieht – gut 18 Prozent der Staatsfläche. Zum Vergleich: Wir reden von mehr als eineinhalbmal der Fläche des Freistaats Bayern. Die Wahlentscheidung fällt in Deutschland und durch die Deutschen Dass die Ukrainer und manche Verbündete enttäuscht sind angesichts der Haltung des Bundeskanzlers, ist nachvollziehbar. Nur fällt die Wahlentscheidung weder in Kiew noch im Nato-Hauptquartier, sondern in Deutschland und allein durch die Deutschen.Wenn Olaf Scholz und seine Sozialdemokraten klug sind, zwingen sie ihren Gegnern einen Friedenswahlkampf auf. Seitens vieler Zeitungsmenschen und auf Plattformen wie X, wo sich (wenn’s hochkommt) drei oder vier Prozent der Bevölkerung tummeln, gibt’s dann richtig Gegenwind. SPD = Appeaser, von der Art. Gewalt dürfe sich nicht lohnen, und die Weltordnung müsse wiederhergestellt werden. Große Worte. Und was steht dahinter? Unsere paar Taurus? Die Bundeswehr mit ihren 180.000 Mann? In einem Friedenswahlkampf entscheidet der Wähler. Dann wissen wir am Abend des 23. Februar wenigstens Bescheid.

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