Galeria am Alexanderplatz vor dem Aus: „Wer so umbaut, will den Mieter nicht mehr haben“

HomeGaleria am Alexanderplatz vor dem Aus: „Wer so umbaut, will den Mieter nicht mehr haben“ Galeria am Alex vor dem Aus: „Wer so umbaut, will den Mieter nicht mehr haben“ Die Zukunft von Galeria Kaufhof am Alexanderplatz bleibt unklar. Auch die Berliner Zentral- und Landesbibliothek hofft weiter. Wer gewinnt? Wir haben uns umgehört.Flynn Jacobs03.12.2024 03:40 UhrEin bekannter Ort für alle Berliner: Galeria Kaufhofs Zukunft am Alexanderplatz bleibt weiter ungewiss.Jörg Carstensen/dpaJeder Berliner kennt es – Galeria Kaufhof am Alexanderplatz gehört zum Bild von Berlins Zentrum einfach dazu. Doch schon bald könnte das Warenhaus für immer von der Berliner Landkarte verschwinden.„Wir geben alles dafür, den Galeria-Standort Berlin-Alexanderplatz zu erhalten“: Mit diesen Worten verdeutlicht das Unternehmen den Ernst der Lage, in der sich das Kaufhaus an einem seiner bekanntesten Standorte befindet. Galeria muss Ende 2025 das Gebäude wegen massiver Umbauarbeiten für mindestens zwei Jahre verlassen, wie der Eigentümer des Gebäudes, Commerz Real, kürzlich mitteilte. Es stellt sich die Frage, was nach dem Abschluss der Umbauten mit dem Standort passiert. „Wir führen intensive Gespräche mit Vermieter und Politik, um zeitnah eine gute Lösung für den Fortbestand zu finden“, so Galeria auf Anfrage der Berliner Zeitung.Es gibt verschiedene Szenarien, der Ausgang ist bislang völlig offen. Darf Galeria nach dem Umbau überhaupt wieder rein? Oder wird das Gebäude das neue Zuhause für die neue Zentral- und Landesbibliothek (ZLB) Berlin? Und was plant eigentlich der Eigentümer des Gebäudes, Commerz Real?Galeria am Alex muss raus: „Weiß nicht, was das noch werden soll mit Berlin“Mitte03.11.2024Galeries Lafayette besetzt: Doch die Bibliothek in der Friedrichstraße bleibt IllusionBerlin28.11.2024 Galeria-Schließung: Passanten finden es „fürchterlich“, Mitarbeiter zittern Die Vorstellungen, was aus dem Galeria-Komplex am Alexanderplatz werden soll, teilen sich mehr oder weniger in zwei Lager. Da sind zum einen Galeria selbst und die Berliner Senatsverwaltung für Wirtschaft, die das Kaufhaus unbedingt erhalten wollen und als essenziell für die Berliner Wirtschaft betrachten. Und da ist auf der anderen Seite die Zentral- und Landesbibliothek, die seit Jahren auf der Suche nach einem neuen Standort ist – mit der unterstützenden Berliner Senatsverwaltung für Kultur im Rücken.„Der Erhalt des Warenhauses am Alexanderplatz hat für den Senat und die Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey höchste Priorität“, äußert sich die Senatswirtschaftsverwaltung auf Anfrage der Berliner Zeitung. Giffey selbst betont, dass der Erhalt des Hauses für den Standort, die Beschäftigten und die Kundinnen und Kunden von essenzieller Bedeutung sei, zumal es sich um das letzte große Warenhaus im Osten der Stadt handele.„Warenhäuser sind Anlaufpunkte für den täglichen Bedarf und Magneten, die weiteres Gewerbe anziehen und das Umfeld beleben“, ergänzt eine Sprecherin der Verwaltung. „Umbaumaßnahmen, wie sie jetzt angekündigt sind, die zu einer zweijährigen Schließung des Hauses nach 2025 führen, müssen besprochen und möglichst vermieden werden.“ Andernfalls würde der gesamte Standort Alexanderplatz geschwächt werden. Passanten vor dem Gebäude bezeichneten die Schließung als „ganz fürchterlich“. Mitarbeiter sagten, man sei „aufgeschmissen“. ZLB Berlin: Umzug in Galeria-Gebäude „grundsätzlich vorstellbar“ Und was entgegnet die Senatsverwaltung für Kultur? Diese wünscht sich stattdessen einen Einzug der ZLB. Die Lage in der Mitte der Stadt sowie die sehr gute Verkehrsanbindung seien „gute Argumente“, betont ein Sprecher auf Anfrage. „Die Berliner Immobilienmanagement GmbH (BIM) prüft das Gebäude aktuell gründlich auf seine Tauglichkeit.“ Er versichert jedoch: „Einen Konflikt zwischen Kultur und Wirtschaft gibt es nicht.“Völlig offen ist, wie ein solches Projekt angesichts der drastischen Sparmaßnahmen für die Berliner Kultur überhaupt finanziert werden soll. Knapp 130 Millionen Euro wird die Kultur im nächsten Jahr weniger zur Verfügung haben. Dennoch ist ein Einzug in das Galeria-Gebäude machbar, ist sich die Senatsverwaltung für Kultur sicher: Es werde über „kreative Lösungen“ nachgedacht, so der Sprecher.Auch die ZLB glaubt an einen möglichen Umzug an den Alexanderplatz, der Standort sei für sie „grundsätzlich vorstellbar“, sagt die Sprecherin Anna Jacobi auf Anfrage. Die ZLB kämpfe seit Jahrzehnten darum, ihre beiden Standorte Berliner Stadtbibliothek und Amerika-Gedenkbibliothek in ein gemeinsames Domizil zu bekommen. „Beide Gebäude sind stark sanierungsbedürftig, wir haben viel zu wenig Publikumsfläche und sind häufig sehr überfüllt“, so Jacobi. Sie betont aber: „Die ZLB wird keine Gewerbemieter verdrängen.“ Für eine Mischnutzung müssten sich allerdings die Flächenbedarfe und Anforderungen der ZLB abbilden. Angesichts der Sparpläne erklärt sie: „In Berlins Zukunft zu investieren, halten wir auch in Sparzeiten für eminent wichtig.“Die neuen 20er: Warum die Berliner Friedrichstraße zum Symbol der Weltwirtschaftskrise wirdVon Simon ZeiseBerlin18.10.2024 Handelsverband: „Galeria kann nicht nur als Wurmfortsatz einer Bibliothek agieren“ Und der Eigentümer des Gebäudes, Commerz Real? Der könne sich sowohl eine Nutzung von Galeria als auch der ZLB „gut vorstellen“, erklärt ein Sprecher auf Anfrage. Der Auszug von Galeria sei „erst mal temporär“, sagt er. „Wir sind mit Galeria im Gespräch, um eine Lösung für die Zeit nach dem Umbau zu finden.“ Man sehe jedoch so oder so „großes Potenzial“ für eine positive, von Kultur geprägte Entwicklung am Alexanderplatz.Der Handelsverband Berlin-Brandenburg (HBB) warnt indes vor einem endgültigen Aus für Galeria. „Ich hoffe immer noch, dass auch eine vorübergehende Schließung nicht erfolgt“, sagt der HBB-Geschäftsführer Nils Busch-Petersen. Allerdings brauche man im Einzelhandel häufig die Schilder nach zwei Jahren nicht mehr anbringen, sobald sie erst mal abgeschraubt seien. „Wer so umbaut, will wahrscheinlich den Mieter nicht mehr haben.“Eine vollständige Nutzung der Fläche durch die ZLB würde dem Platz nicht viel bringen, so Busch-Petersen. Der Einzelhandel befindet sich ohnehin in der Krise. Die Rahmenbedingungen seien nicht gut. So wurden für 2025 statt eigentlich acht gesetzlich vorgesehenen nur vier verkaufsoffene Sonntage in Berlin beschlossen. „Das ist in meinen Augen pure Arbeitsverweigerung“, kritisiert der HBB-Chef den Berliner Senat.Einen sogenannten Mixed-Use mit urbanen Funktionen könne er sich gut vorstellen, schließlich sei der Handel nicht der einzige Grund, die Stadt zu besuchen. Aber: „Das Warenhaus kann nicht nur als Wurmfortsatz einer Bibliothek agieren.“ Der Alexanderplatz sei eines der beiden großen Stadtzentren, eine herausragende Einkaufslage und werde sich in den nächsten Jahren sicherlich noch verbessern, wenn die Umbauten abgeschlossen sind. Doch kann Galeria dem Alexanderplatz wirklich erhalten bleiben? „Ich bin jetzt 34 Jahre im Dienste des Handels, da wird man zum fanatischen Berufsoptimisten.“Haben Sie Feedback? Schreiben Sie uns! briefe@berliner-zeitung.de

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