S Social-Media-Trend „Ostmullen“: Sexy Videos für frustrierte Rechte? – AktuelleThemen.de

HomeKulturSocial-Media-Trend „Ostmullen“: Sexy Videos für frustrierte Rechte? Social-Media-Trend „Ostmullen“: Sexy Videos für frustrierte Rechte? Junge Frauen fluten das Netz mit Rechtsrock und nackter Haut. In den Kommentarspalten tummeln sich viele männliche AfD-Fans. Das steckt dahinter.Kevin Gensheimer23.04.2025 16:07 UhrFotoillustration: Berliner Zeitung. Bilder: Imago, UnsplashSie sind blond, tätowiert und zeigen Haut. Ihre Lippen bewegen sie zu den Liedern der Bösen Onkelz oder Freiwild. Im Hintergrund hängt meist die Deutschlandfahne; auf den Handys, mit denen sie sich im Spiegel filmen, kleben oft Sticker, wahlweise ein Adler oder das Logo der AfD. Die Kommentarspalten unter ihren Videos werden derweil mit blauen Herzchen geflutet. Willkommen in der Welt der „Ostmullen“.Längst sind die sozialen Netzwerke ein wichtiges Feld für den politischen Kampf der rechten Szene. Das hat in der Vergangenheit immer wieder Trends angestoßen, doch im Falle der Ostmullen sind die Protagonisten durchaus bemerkenswert: Junge Frauen, meist nicht älter als 20, werden im Netz zu rechten Galionsfiguren verklärt. Die Videos bekommen auf TikTok Zehntausende Likes.Studio Ghibli goes Remigration: Warum nutzt die rechte Szene plötzlich süße Anime-Bilder?Politik02.04.2025Beim Vortrag von Martin Sellner: Ein Abend in der StaatsreparaturBerlin22.07.2024Millionenfach werden die Videos geklickt und haben mittlerweile sogar einen eigenen Tag. Der „Ostmullen-Dienstag“ ist wöchentlich Anlass, um neue Videos von jungen Frauen hochzuladen, die mit Deutschlandfahne und Rechtsrock provozieren. Unter dem Hashtag #Ostmullendienstag findet man auch auf dem Kurznachrichtendienst X unzählige Videos. So manch eine Ostmulle lässt sich sogar zur Pickelhaube und Reichsflagge überreden. Sticker mit der Aufschrift „Deutschland, Deutschland über alles“ kleben auf dem Spiegel im Kinderzimmer.So gegenwärtig das Phänomen der Ostmullen auch ist, so veraltet ist der Begriff: „Mulle“ ist eine unmoderne und flapsige Bezeichnung für eine Frau. Ironisch spielt der Begriff also mit der ostdeutschen Herkunft, dem freizügigen Auftreten der Frauen, gepaart mit ihrer politischen Orientierung.In Amerika war im vergangenen Wahlkampf ein ähnliches Phänomen zu beobachten. Unter dem Hashtag #hottiesfortrump posteten junge Frauen freizügige Fotos von sich im Netz, egal ob im rot-weiß-blauen Bikini oder mit der Make-America-Great-Again-Mütze. Auch Frauen, so wollte man mit dem Hashtag zeigen, begeistern sich für den Republikaner Donald Trump, der in der Vergangenheit nicht als besonderer Frauenfreund bekannt war. Video | Die „Ostmulle“ – Trend oder Trash? Rechtsextremist Sellner: „Massiver metapolitischer Dammbruch“ Ähnliches ist nun bei den Ostmullen zu beobachten. Der rechtsextreme Politaktivist Martin Sellner nennt das Phänomen der Ostmullen einen „massiven metapolitischen Dammbruch“. „Es gibt kein stärkeres Argument gegen Isolierung, Dämonisierung und Marginalisierung als gut gelaunte junge Frauen“, schreibt Sellner auf X und beschreibt die Ostmullen als „erste Kohorte der kulturellen Wende“.Sind die Ostmullen Ausdruck einer rechten weiblichen Revolte? Sellner selbst würde diese These wohl verneinen, denn er schreibt: „Jede einzelne patriotische Ostmulle motiviert Hunderte ost- und westdeutsche Jungs aktiv zu werden. Die treiben den gesellschaftlichen Umschwung weiter voran, was weitere patriotische Ostmullen spawned.“ Die Videos der Ostmullen versteht er somit eher als Motivation für junge rechte Männer als für Frauen.Darauf deutet auch die Ästhetik der Videos hin: Es ist eine dezidiert männliche Perspektive, die sich dort auftut. Junge Frauen posieren vorm Spiegel; sie sind geschminkt, mal zeigen sie sich in Leggins, mal viel Dekolleté. Die Videos der Ostmullen richten sich an ein männliches Publikum, das nicht nur von rechts politisiert werden soll, sondern sich in erster Linie gerne freizügige Frauen im Internet ansieht.Lieber Michel Houellebecq, bitte sagen Sie dem liberalen Westen mal wieder, wie kaputt er ist!Literatur31.03.2025Konstantin Wecker im Interview: „Bei Rheinmetall knallen die Sektkorken“Musik25.03.2025Der Begriff „thirst trap“ beschreibt Beiträge in sozialen Netzwerken, die Zuschauer durch sexuell freizügige Inhalte verführen sollen. Diese „Durst-Fallen“ füttern die Algorithmen mit Fotos und Videos, auf denen Personen leicht bekleidet sind oder anzügliche Gesten machen. Keine explizite Nacktheit, diese sind auf den großen Plattformen ohnehin nicht erlaubt, aber gerade so viel Freizügigkeit, dass die Urheber der „thirst traps“ unzählige Klicks und Likes bekommen – damit lockt man das männliche Publikum, das in den sozialen Netzwerken Zeit totschlägt.Und noch ein Begriff aus der Social-Media-Welt kommt einem dabei in den Sinn: „Incels“, also junge heterosexuelle Männer, die scheinbar unfreiwillig keine Beziehungen zu Frauen haben. Der Begriff kommt aus dem Englischen und setzt sich aus den Worten „involuntary“, also„unfreiwillig“, und „celibate“, also „sexuelle Enthaltsamkeit“, zusammen. Die Incel-Szene beklagt, dass Frauen und die liberale Gesellschaft schuld daran seien, dass einige Männer keine sexuellen Beziehungen zu Frauen hätten.Die Szene ist im rechten Spektrum verortet und besonders als Internetphänomen bekannt. In Foren und auf Plattformen sammeln sich die selbsternannten Incels und tauschen ihre Erfahrungen mit sexueller Frustration aus. Larmoyanz und Misogynie gehen dabei Hand in Hand. Ostmullen: Politisierung oder billiger Reiz? Zumindest ein ähnliches Publikum scheinen die Ostmullen anzuziehen. Wer in die Kommentarspalten der rechten Frauen blickt, der sieht diese überflutet mit Kommentaren von Männern, die blaue Herzchen, also ein Symbol für Solidarität mit der AfD, unter die Videos posten. Und nicht nur das: Junge Männer überschütten die Frauen mit Liebesbekundungen. Ein User namens Raphi beispielsweise kommentiert unter einem Video wehleidig, er sei verliebt in ein Mädchen auf TikTok, bei der er keine Chance habe, und meint damit die Ostmulle im Clip. Luca fragt in den Kommentaren desselben Videos, wen die junge Frau denn wähle. Jonas antwortet ihm: „Ihre Augenfarbe natürlich“. Ihre Augen sind blau.Friedrich Merz bei Miosga über Tanken und Heizen: „Es wird zunächst für alle teurer“Politik13.04.2025Grüne wollen Wehrpflicht als „Freiheitsdienst“: Kommt bald das Coole-Panzer-Gesetz?Bundespolitik31.03.2025Die Videos der Ostmullen, so zeigen es die Ästhetik und das Publikum, sprechen die Zuschauer also in erster Linie auf einer sexuellen Ebene an. Wer sich nur lange genug die Körper schöner rechter Frauen ansieht, so wohl die Idee, der wird selbst irgendwann rechts. Die Frage ist: Schaffen es die Ostmullen tatsächlich, junge Männer zu politisieren? Oder sind ihre Videos am Ende nur eine Beschäftigungstherapie für rechte, sexuell frustrierte Männer? Lesen Sie mehr zum Thema KulturPanoramaDonald TrumpBerlin wähltAfDBundestagswahlTikTokWahlkampfAmerikaRechtsextremismus

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