S Trumps Handelskrieg: Warum Firmen profitieren, die an die Republikaner spenden – AktuelleThemen.de

HomeInternationalesTrumps Handelskrieg: Warum Firmen profitieren, die an die Republikaner spenden Trumps Handelskrieg: Warum Firmen profitieren, die an die Republikaner spenden Der Zoll-Krieg der USA wird das Land insgesamt ärmer machen, warnt unser Gastautor. Doch einige werden reicher werden.Klaus Bachmann20.04.2025 20:40 UhrDer amerikanische Präsident Donald TrumpAlex Brandon/AP/dpaAus Trumps Handelskrieg gegen den Rest der Welt ist ein Handelskrieg gegen China geworden. Für China gelten weiterhin und ohne 90-tägige Übergangsfrist exorbitante Zölle, die einem Importstopp gleichkommen – und China hat auch gleich seine eigenen Zölle gegen die USA verhängt, kombiniert mit Exportverboten für seltene Rohstoffe, die fast nur in China vorkommen, aber für US-Hochtechnologie unabdingbar sind. Der Rest der Welt hat drei Monate Zeit, bei Trump zu Kreuze zu kriechen und bessere Bedingungen auszuhandeln. Die früher verhängten Zölle für Stahl und Aluminium gelten allerdings weiter. Allein das kostet, wie Finanzwissenschaftler der Universität Yale errechnet haben, US-Konsumenten einen Aufpreis von durchschnittlich 27 Prozent auf Importwaren. Das letzte Mal haben Zölle 1903 so stark auf die Verbraucherpreise durchgeschlagen.Nun kann es durchaus eine sinnvolle Verhandlungsstrategie sein, von einem Gegner Zugeständnisse mit der Drohung zu erpressen, ihm selbst dann zu schaden, wenn einem das selbst weh tut. Vorausgesetzt, es ist glaubwürdig. Im Fall China war es das nicht, in Bezug auf die EU wissen wir das nicht – es soll ja verhandelt werden. So oder so stellt sich die Frage: Wer kann einen solchen Handelskrieg am Ende gewinnen?Eklatante Schwächen: Europas digitale Abhängigkeit von Amazon, Microsoft & Co.Open SourcegesternDie Türkei als globaler Vermittler: Erdogans Balanceakt zwischen Russland, Ukraine und dem WestenInternationalesgestern Handelskriege verlieren alle, aber manche mehr als andere Theoretisch betrachtet, bringt Handel allen Vorteile – je mehr Handel, desto mehr. Denn jedes Land hat etwas, was es entweder billiger oder besser herstellen kann als andere: weil es die nötigen Grundstoffe selbst besitzt und nicht importieren muss, weil es geringe Lohnkosten oder weniger Umweltauflagen als andere hat oder weil es über spezielles Know-How verfügt, das seine Abnehmer nicht haben. Würde man die jetzt immer lauter werdenden Rufe nach „ökonomischem Nationalismus“, Unabhängigkeit von Importen und Autarkismus ernst nehmen, müssten die Amerikaner ab sofort so tief und ausdauernd buddeln, bis sie auf ihrem Gebiet selbst genug Coltan für die Herstellung ihrer Smartphones finden, die arabischen Staaten blieben auf ihrem Öl sitzen, deutsche Verbrennerautos müssten auf Holz oder Kohle umrüsten und jedes Land müsste, mit dem was es hat, seine eigenen Halbleiter, Social Media, Flugzeuge und Computer bauen – oder lernen, ohne sie auszukommen. Die Regierung der Demokratischen Republik Kongo, auf deren Gebiet wertvolle Ressourcen lagern, müsste dann den Notstand ausrufen und die UN um Lebensmittelhilfe bitten, denn sie hätte nichts, wofür sie Lebensmittel und Fahrzeuge kaufen könnte, um ihre Bevölkerung zu ernähren – denn ihr Coltan, ihr Gold und ihre Diamanten kann sie ja schlecht an Arme verfüttern. Trumps Team dagegen glaubt, wenn ein Land mehr in ein anderes Land exportiert, als es von dort importiert, kann man es durch einen Handelskrieg unter Druck setzen, weil es dann mehr Geld verliert. Aber dieses Nullsummenspiel geht nur auf, wenn man nur diese zwei Länder betrachtet. China kann seine seltenen Erden auch an andere Länder als die USA verkaufen, während die USA sie nur sehr begrenzt anderswo einkaufen können.Dann beginnt – wie bei den Sanktionen gegen Russland, die ja größtenteils auch Importverbote waren – der Tanz der Zwischenhändler. Das sind alle die, die auf keiner Seite stehen und sich als Embargobrecher eine goldene Nase verdienen – wie zum Beispiel Indien oder Kasachstan mit den westlichen Sanktionen gegen Russland. Wenn China keinen generellen Exportstopp verhängt, bekommen die USA also durchaus ihre seltenen Erden, nur eben nicht direkt und relativ billig von China, sondern viel teurer von Zwischenhändlern. So wirkt ein nicht-effizienter Exportstopp dann für den Importeur wie ein hoher Einfuhrzolltarif.Mit den Embargos im Kalten Krieg, als westliche Staaten die Sowjetunion und ihre Verbündeten von moderner Technologie abschnitten, ist das nicht vergleichbar, denn weder ein geopolitischer Block, noch ein Land hat nun ein Monopol auf Hochtechnologie. Die wirtschaftliche Macht ist auch viel gleichmäßiger verteilt. Militärisch sind die USA noch die dominierende Supermacht – ökonomisch erfahren sie gerade ihre Grenzen und arbeiten eifrig daran, den eigenen Einfluss zurückzufahren.„Sie wollen unser Land“: Carney stellt Plan für ein Trump-sicheres Kanada vorNewsgesternUS-Regierung: Darum ist Covid-19 nicht natürlichen UrsprungsNews18.04.2025Die ersten Europäer wollen bereits einen Deal mit Trump. Hier im Bild: Giorgia Meloni.Brendan SMIALOWSKI / AFP Wie der Euro aufsteigt… In den achtziger Jahren schwankte der Anteil der USA am globalen (kaufkraftbereinigten) Bruttoinlandsprodukt noch zwischen 21 und 22 Prozent. Heute sind es noch weniger als 15, Tendenz fallend. Damit liegen die USA hinter China mit 18 Prozent auf dem zweiten Platz, gefolgt von Indien, Russland, Japan und Deutschland. Betrachtet man statt Länder Märkte, so liegt die EU mit den USA gleichauf, mit einem Anteil von um die 14 Prozent, Tendenz fallend.  Letzteres ist weniger Folge von Chinas Expansion, sondern liegt vor allem am wirtschaftlichen Aufstieg der Schwellenländer, die sich in der BRICS-Gruppe organisiert haben. Geopolitisch ist das irrelevant – die Staatengruppe ist geopolitisch, ökonomisch und geographisch viel zu unterschiedlich, um mehr werden zu können als ein loser Staatenbund. Sie wird den US-Dollar als Welt-Reservewährung nicht ablösen, denn sie hat nicht einmal eine gemeinsame Währungspolitik, von einer Freihandelszone oder Währungsunion gar nicht zu reden. Trump scheint sie als Bedrohung aber dennoch ernster zu nehmen und drohte ihren Mitgliedern für alle Fälle mit Strafzöllen, sollten sie versuchen, den Dollar vom Thron zu stoßen. Dabei könnten sie – mit ihrem 35-Prozentanteil am globalen BIP – eher den USA mit Strafzöllen drohen. Nein, die Gefahr für den US-Dollar kommt nicht von den BRICS, sie kommt direkt von Trump. Das jüngste Alarmzeichen: Nach seiner teilweise wieder aufgeschobenen Strafzoll-Aktion fiel der Kurs des US-Dollar gegenüber den Währungen anderer Industriestaaten und die Zinsen in langfristige US-Anleihen stiegen – ein klares Zeichen dafür, dass die globalen Finanzmärkte dem Dollar den Rücken kehren. Sie flohen in den Schweizer Franken, die indische Rupee, das britische Pfund, den Mexikanischen Peso, den Yen und den Euro. Nebenbei notierten auch der chinesische Yuan und der russische Rubel eine Aufwertung gegenüber dem US-Dollar, aber beide Währungen sind nicht voll konvertibel, die dahinterstehenden Nationalbanken sind nicht unabhängig. Die einzige Währung, die den US-Dollar auf Dauer als globale Reservewährung ersetzen könnte, weil sie voll konvertibel ist und hinter ihr ein riesiger Markt und eine unabhängige Zentralbank stehen, ist der Euro. Um es alltagsnahe auszudrücken: Ein pakistanischer Textilproduzent, der eine große Zahl an Kleidung an einen australischen Großhändler verkauft, tat das bisher in US-Dollar, weil er sicher sein konnte, dass dessen Kurs einigermaßen stabil war und er seine US-Dollar gegen jede andere Währung eintauschen konnte, etwa um in Afrika Baumwolle zu erstehen. Ab sofort wird er sich das zweimal überlegen, denn er muss damit rechnen, dass seine US-Dollars zwischen dem Verkauf an Australien und dem Einkauf von Baumwolle an Wert verlieren. Es ist wenig wahrscheinlich, dass er dann auf Yuan, Rubel, Schweizer Franken oder Mexikanische Pesos zurückgreift, denn die akzeptieren seine afrikanischen Zulieferer nur, wenn sie selbst Geschäfte mit Mexiko, China oder der Schweiz machen. Rubel werden sie nicht einmal nehmen, wenn sie Geschäfte mit Russland machen, denn die sind momentan sehr schwer eintauschbar. Euro dagegen nimmt schon jetzt jeder in Afrika – selbst, wenn er keine Geschäfte mit einem Land der Eurozone macht.Trump schrumpft die USA also gar nicht ökonomisch, er beschleunigt nur eine Erosion, die seit Jahrzehnten im Gange ist. Allerdings tat kein Präsident das mit dermaßen bombastischen Slogans über nationale Größe. Und keiner beschleunigte den Prozess so wie er. Dabei spielt weniger eine Rolle, was Trump tut, sondern wie er es tut. Für einen überschuldeten Hegemon, der versucht, sich gesundzuschrumpfen, macht es Sinn, seine Militärausgaben auf das zur nationalen Verteidigung notwendige zusammenzustreichen. Das gleiche gilt für seine diplomatischen Vertretungen und seine Entwicklungshilfe. Für einen realistischen Dealmaker, der versucht, Diplomatie und Entwicklungshilfe möglichst effektiv einzusetzen, macht es aber keinen Sinn, Mittel willkürlich zu streichen und sich dann zu wundern, warum er sie nicht mehr als Druckmittel einsetzen kann. Genau das hat Trump in Afrika und Lateinamerika getan. Statt die (teilweise) Beibehaltung von Entwicklungshilfe von der Erfüllung konkreter Bedingungen (Rücknahme von Migranten, Lieferung von seltenen Erden, geopolitischen Zugeständnissen) abhängig zu machen, löste er USAID erst auf, band sich so selbst die Hände und wunderte sich danach, dass er eine Trumpfkarte weniger hatte.Ostern im Krieg: Wie Putins Invasion die orthodoxe Kirche in der Ukraine spaltetInternationales19.04.2025Deutschland wird Lügenverbotszone: Die Regierung spricht dem Volk das Misstrauen ausBerlin19.04.2025JD Vance könnte Trumps Nachfolger werden.Brendan SMIALOWSKI / AFP …aber die EU absteigt Trump hat die Weichen gestellt. Die Reise geht jetzt für die USA in Richtung „Regionalmacht“. Sie wird immer noch einen funktionierenden nuklearen Schutzschirm haben und fähig sein, kurzfristig überall in der Welt militärisch eingreifen zu können, aber zugleich überall in der Welt an politischem, diplomatischem und wirtschaftlichem Einfluss verlieren.Daran ist übrigens auch die Demographie schuld: alle führenden Industrienationen, von den USA über Deutschland, Japan, China und Russland, leiden nämlich an Überalterung, haben viel zu niedrige Geburtsraten pro Frau und politische Eliten, die Einwanderung aus geburtenstarken Ländern ablehnen. Die Trump-Regierung tut alles, um die Einwanderung aus relativ geburtenstarken lateinamerikanischen Ländern zu reduzieren, die EU schottet sich gegen Einwanderung aus Afrika und Asien ab, China hat einen negativen Migrationssaldo. Nur nach Japan und Russland wanderten bis 2022 geringfügig mehr Menschen ein als emigrierten, ohne dass das die Überalterung ausgeglichen hätte.Und so arbeiten die politischen Eliten in all diesen Ländern über alle ideologischen und geopolitischen Gräben hinweg (und ohne sich darüber im Klaren zu sein) eifrig daran, den Einfluss ihrer Länder in der Welt der Zukunft immer weiter zu reduzieren.Gerade wegen dieses Rückzugs wird der Welthandel wegen Trumps Irrfahrt nicht (wie beispielsweise in der Pandemie) zusammenbrechen, aber weltweiter Handel wird für alle teurer werden, was natürlich sozial Schwache über die hohen Preise ganz besonders trifft. Davon abgesehen, gewinnen vor allem die Zwischenhändler, Embargo-Brecher und Schmuggler. Wie ja insgesamt hohe Zölle auch enorm zum Schmuggel animieren und damit ein Brandstoffbeschleuniger für das organisierte Verbrechen sind. Auf die mittelfristigen, sogar von Trumps Gegnern weitgehend ignorierten Nebenwirkungen von Trumps Zollpolitik hat der US-amerikanische Publizist Fareed Zakaria hingewiesen. Trumps Zoll-Orgie wird die USA in einen von Korruption und Vetternwirtschaft zerfressenen Staat verwandeln – und sie damit paradoxerweise ihrem Erzfeind China ähnlicher machen denn je. Das klingt übertrieben, unwahrscheinlich, unglaubwürdig? Die notwendigen Nachweise hat sich Zakaria nicht aus den Fingern gesogen – die Daten dazu hat er von republikanischen Think Tanks und Stiftungen. Eine Hand wäscht die andere – oder stößt sie beiseite Schon in seiner ersten Amtszeit verhängte Trump Zölle für Stahlimporte von 25 Prozent. Das ist bekannt. Weniger bekannt ist, dass er verschiedenen Betrieben insgesamt über 7000 Ausnahmen gewährte. Die wurden inzwischen von einem Forscherteam von vier US-Universitäten danach untersucht, ob es für sie eine Gegenleistung gegeben habe. Ergebnis: Knapp über 14 Prozent aller Anträge auf Ausnahmegenehmigungen wurden genehmigt. Für Firmen, die zuvor im Wahlkampf die Republikaner mit Spenden unterstützt hatten, war die Wahrscheinlichkeit, eine Zoll-Ausnahme zu bekommen, bedeutend höher als für Firmen, die das nicht taten. Und für Firmen, die demokratische Kandidaten unterstützt hatten, war sie am geringsten. Am höchsten war sie für Firmen, die nicht konkrete republikanische Kandidaten unterstützt hatten, sondern direkt an den Wahlkampfstab der Partei gespendet hatten.Nun war dieser Anstieg der Wahrscheinlichkeit nicht dramatisch – es geht um ein paar Prozentpunkte. Aber die hatten offenbar Auswirkungen – denn die Firmen wissen davon oder sie sind überzeugt davon, dass bei Wahlkampfspenden eine Hand die andere wäscht. Und vermutlich deshalb stiegen die Gesamtausgaben aller US-Lobbyfirmen von 3 Milliarden USD aus Trumps erster Amtszeit auf 4 Milliarden in seiner zweiten Amtszeit. Lobbyisten lernen schnell. Wenn die Regierung das Parlament entmachtet – oder es selbst darauf verzichtet, die Regierung zu kontrollieren –, hören sie auf, Abgeordnete zu belästigen und versuchen stattdessen, die Interessen ihrer Auftraggeber in den Korridoren der Ministerien und des Weißen Hauses durchzusetzen. So war das, als Polens Regierung in der Pandemie begann, mit Dekreten zu regieren, im Parlament Anhörungsverfahren kappte und Änderungsvorschläge der Opposition im Paket ablehnte. Die Republikaner haben bisher weitgehend darauf verzichtet, Trump an die Leine zu legen und ihm stattdessen mithilfe ihrer Mehrheit Macht übertragen, die traditionell dem Kongress zustand. Und Trump selbst antwortete auf die Frage, nach welchen Kriterien er denn Anträge auf Zoll-Ausnahmen entscheiden würde: „nach meiner Intuition“. Mit anderen Worten: willkürlich.Psychologisch ist das absolut nachvollziehbar. Trump liebt es, wenn fremde Regierungen ihm ihre Aufwartung machen, um einen „Deal“ auszuhandeln, er verkündete, ausländische Regierung hätten ihm „den Arsch geküsst“ und sieht das als Beweis seiner Machtfülle und übernatürlichen Fähigkeiten als „Dealmaker.“ Wir können also annehmen, dass die Aufwartung von tausenden Lobbyisten, die im Auftrag ihrer Kunden Trumps Extremitäten küssen, von Trump durchaus gewollt ist. Das hat allerdings weitgehende Konsequenzen für die Demokratie, denn was im Weißen Haus und in Ministerien vor sich geht, ist viel weniger transparent, als was zwischen Lobbyisten und Kongressabgeordneten in protokollierten und für die Öffentlichkeit einsehbaren Ausschusssitzungen abläuft. Das allein reicht schon aus für ein Horrorszenario a la Zakaria, für den die Entwicklung in Richtung einer „Orgie der Korruption“ geht und die USA auf dem Weg in eine korrupte Präsidialdiktatur nach lateinamerikanischem Vorbild sind. Man mag das übertrieben finden. In Wirklichkeit ist es aber noch viel schlimmer, als Zakaria glaubt, denn er hat einiges übersehen.Trump mit JD Vance und Marco Rubio.www.imago-images.de/ZUMA Eine Einladung zu Korruption und Vetternwirtschaft Trumps Team ist nämlich auch dabei, jene Mechanismen auszuhebeln, die eine solche „Orgie der Korruption“ ermitteln, verfolgen und bestrafen können. Die föderale Staatsanwaltschaft ist fest in den Händen einer Justizministerin, die gewillt ist, sie politisch einzusetzen: Verfahren gegen „Aufständische des 6. Januar“, die damals, von Trump angefeuert, das Kapitol angriffen, werden eingestellt, unbequeme Staatsanwälte entmachtet oder gefeuert. Das FBI untersteht einer Trump-hörigen Anhängerin von Verschwörungstheorien (hält den Angriff auf den Kongress aber nicht für eine Verschwörung) und die gesamte Regierung ist dabei, unbequeme Urteile von Richtern zu ignorieren und Richter, die sie fällen, öffentlich zu verunglimpfen. Nach dem erfolglosen Militärputsch in der Türkei 2016 wurden landesweit über zweitausend Richter entlassen und teilweise sogar inhaftiert – das war mehr als ein Drittel aller Richter. Das ging auf einen Schlag, aber es war möglich aufgrund des Ausnahmezustandes nach einem fehlgeschlagenen Militärputsch. Ungarns Regierung säuberte die Richterschaft in Einklang mit der Verfassung, weil sie die entsprechend geändert hatte. Um, wie in der Türkei, ein Drittel der Richterposten mit Parteisoldaten zu besetzen, brauchte die polnische PiS-Regierung acht Jahre und eine umfangreiche Justizreform. Trump hat daraus offenbar gelernt: Wenn man Urteile, die einem nicht gefallen, ignoriert, hat das die gleiche Wirkung, als wären alle Richter Parteisoldaten. Die Justiz fällt dann als Korrektur- und Kontrollmechanismus der Exekutive aus.In Ungarn, Polen und der Türkei wirkte schon das allein wie ein Signal an die Führungskader und die mit ihnen verbundenen Lobbygruppen, Ausschreibungen zu manipulieren, Subventionen nach politischen Kriterien zu vergeben, Gelder umzuwidmen, Steuergelder zu veruntreuen und den Staat wie einen Selbstbedienungsladen zu behandeln. Diese „Orgie der Korruption“ und Vetternwirtschaft wird zurzeit gerade in Polen, wo die Opposition an die Macht kam, aufgearbeitet. In Ungarn und der Türkei wird das wohl nie geschehen, weil das Ausmaß einer solchen Orgie, die seit 2010 andauert, selbst dann nicht mehr ermittelbar sein wird, wenn die, die sie angezettelt haben, gezwungen werden, abzutreten. Warum Trump eine dritte Amtszeit braucht Wer Trost sucht in der Tatsache, dass Trump 78 Jahre alt, oft verwirrt, verantwortungslos und inkompetent ist und vielleicht bald stirbt oder zum Rücktritt gezwungen wird, ist auf dem Holzweg. Das alles kann passieren, wird aber nur dazu führen, dass J. D. Vance dann das Steuer übernimmt und die Republikaner an der Macht bleiben. Sie werden dann vor dem gleichen Dilemma stehen wie ihre Vorgänger in Ungarn, Polen, der Türkei, Belarus, Venezuela, Russland – und China. Da ihnen aufgrund ihrer Verbrechen nach einem Machtverlust strafrechtliche Verfolgung, Knast oder gar die Rache ihrer Gegner droht, haben sie jeden Grund, koste es, was es wolle, an der Macht zu bleiben. Und die Partei wird sie daran nicht hindern, denn bis dahin haben viele führende Republikaner zu viel zu verlieren, wenn sie das Weiße Haus – zum Beispiel nach einer unerwarteten Wahlniederlage wie in Polen – kampflos aufgeben. Das ist das wirklich gefährliche an dieser explosiven Mischung aus Willkürherrschaft, Lobbyismus und Entmachtung von Legislative und Justiz, die wir gerade beobachten: Trump baut damit einen Wald ohne Wiederkehr, den weder er, noch seine Mitstreiter ungeschoren einfach wieder verlassen können. Das ist der ernste Hintergrund hinter Trumps Scherz, „er arbeite gerne“ als Antwort darauf, ob er eine dritte, eigentlich verfassungswidrige Amtszeit anstrebe. Die ehrliche Antwort wäre: Er kann gar nicht anders.Da geht es ihm wie seinen Freunden Erdogan und Putin und seinem Hauptgegner Xi Jinping: Die dürfen ihre Macht auch nicht verlieren, wollen sie nicht unter die Räder kommen. Auch Xi hat ein korruptes, erst auf seine Partei, dann auf ihn persönlich zugeschnittenes Machtsystem installiert, aufgrund dessen er willkürlich und rücksichtslos entscheiden, Staatsgelder nach Belieben umlenken und Ausnahmegenehmigungen vergeben kann. Nur tut er das diskreter und konzilianter als Trump. Das ist das große Paradox von Trumps Zollkrieg: Beim Versuch, China in die Schranken zu weisen, sorgt er dafür, dass die USA Schritt für Schritt China ähnlicher werden.Haben Sie Feedback? Schreiben Sie uns! briefe@berliner-zeitung.de Lesen Sie mehr zum Thema InternationalesPolitikAuslandGeopolitikRusslandEUChinaJapanSowjetunionTürkei

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