HomeBerlinIst Kokain vegan? – Wie der Sänger Faber in „Berlin Berlin Berlin“ mit der Berliner Doppelmoral abrechnet Ist Kokain vegan? – Wie der Sänger Faber in „Berlin Berlin Berlin“ mit der Berliner Doppelmoral abrechnet In seiner neuen Single „Berlin Berlin Berlin“ demontiert der Zürcher Sänger Faber die Berliner Heuchelei: sexy Mieten, Pseudo-Ethik, unerfüllte Sinnsuche und Wohlstands-Wohlfühl-Bubble.Stefan Hochgesand16.04.2025 17:57 UhrGlaubt er noch an das Gute in Berlin? Oder war Berlin für Faber letztlich nur eine Phase?Justus von KargerÜber Berlin wurde schon so manches Liedchen geträllert. Marlene Dietrich hatte ja bekanntlich „noch einen Koffer in Berlin“. Seeed wussten, dass das „Dicke B“, oben an der Spree, im Sommer gut- und im Winter wehtut. Und Peter Fox solo stapfte in „Schwarz zu Blau“ 2008 „durch die Kotze am Kotti“. Zu Berlin haben eben viele eine Meinung und so manche Story auf Lager. Und Berlin provoziert dazu, sie kundzutun. Warum nicht auch in einem Song?Ins Who’s who der Berlin-Besinger reiht sich nun auch der Zürcher Sänger Julian Vincenzo Pollina alias Faber, Jahrgang 1993, ein: „Berlin Berlin Berlin“ heißt seine neueste Single unmissverständlich, die just am Freitag, dem 11. April, im Rahmen von Fabers neuer Bootleg-Reihe herausgekommen ist. Live hat Faber das Lied in den letzten Jahren schon oft zum Besten gegeben. Es gilt als Favorit der Fans auf Fabers Konzerten.Doch um was genau geht es eigentlich? Auf einem leicht Tarantella-inspirierten Anti-Folk-Fundament singt sich Faber die Seele aus dem Leib über unsere schöne Stadt. Dabei arbeitet er mit bissiger Ironie (und in Schweizer Grammatik) auch eine gewisse Doppelmoral gut situierter Berlin-Hipster auf Sinnsuche heraus: „Über viel zu teure Mieten, ja,/ Red ich’s nur mit wem sich’s leisten kann.“ Ein sarkastisches Hoch auf die Wohlstands-Wohlfühl-Bubble!„Mama, das ist keine Phase, ja/ Berlin, Berlin, Berlin“, setzt Faber weiter an. Man kann sich dazu ein Gespräch beim Familiengeburtstag auf dem Lande denken, das davon handelt, warum der Bengel denn ausgerechnet in diesem ach so schlimmen Berlin leben muss. „Okay, vielleicht doch ne Phase, ja“, leitet Faber dann die potenzielle Wohnortswende ein. Was hat sie wohl herbeigeführt? Faber kennt keine Gnade – und was hatte Marlene Dietrich im Koffer? Die bitterböseste Zeile des Liedes ist wahrscheinlich die mit der Ethik von Koks: „Kann mir irgendwer verraten, ja/ Berlin, Berlin, Berlin/ Ist Kokain vegan, ja?/ Berlin, Berlin, Berlin.“ Die Blätter des Kokastrauchs muten ja erst mal friedlich an. Ob dann wirklich alle Chemikalien im Herstellungsprozess rein pflanzlich sind, das ist schon zweifelhafter. Vor allem aber gilt ja ausgerechnet Kokain als eine extrem „blutige Droge“ durch die Kokain-Drogenkartelle, die vor keiner Gewalt zurückschrecken.Schöneberger Rapper Monk über Berlin: „Diese Stadt ist voller Hass, so viele Demons hier“Berlin05.02.2024„Die Straße stinkt nach Pisse und Benzin“: Sam James und Tom Blanc über BerlinBerlin24.04.2024Auch hier trifft Faber einen wunden Punkt: In Berlin schaut man in gewisser Hinsicht extrem auf die Moral. Und andererseits ist sie dann wieder scheißegal. Sei es mit der Kokain-Line auf der Club-Toilette oder schick bei der Kunst-Vernissage. Frei nach Bert Brecht: „Erst das Koksen, dann die Moral.“ Irgendwie muss man diese Stadt natürlich auch aushalten. Manchmal hilft da womöglich nicht das Wegbier allein. Und so genau hat uns Marlene Dietrich ja eigentlich auch nicht verraten, was sie da in ihrem Koffer in Berlin gebunkert hat. Lesen Sie mehr zum Thema BerlinKulturMusikMarlene DietrichPeter FoxSpreeKokainSeeed